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Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Als Kind habe ich eine Olympus Mju Filmkamera von meiner Oma geschenkt bekommen. Das hat damals meine Neugierde geweckt. Später hatte ich dann eine Digitalkamera, die ein schönes Werkzeug war, um die Welt zu entdecken, bis ich in meinen frühen 20ern zur analogen Fotografie gekommen bin.

Deine Technik, die du verwendest, ist nicht alltäglich. Kannst du kurz erzählen, wie du fotografierst?

Ich beschäftige mich derzeit mit Prozessen aus der Anfangszeit der Fotografie - speziell mit dem Nassplatten Kollodium Verfahren, das ungefähr 1850 etabliert wurde. Dabei wird die Kollodiumlösung, eine Mischung aus Äther, Alkohol, Schießbaumwolle und Salzen, auf eine schwarze Aluminium- oder Glasplatte gegossen und in einem Silberbad lichtempfindlich gemacht. Nach einigen Minuten kann dann - während die Platte nass ist - mit einer Großformatkamera belichtet werden. Anschließend wird das Bild in der Dunkelkammer entwickelt sowie fixiert und gewässert. Ist die Platte getrocknet, wird sie im letzten Schritt mit einem Lack versiegelt und fertig ist eine Fotografie aus reinem Silber.

Foto: Fabian Fischer

Wie hoch ist der technische Aufwand für ein Bild?

Wie man sich denken kann, ist das Verfahren einerseits sehr fehleranfällig, andererseits mit erheblichem Materialaufwand verbunden. Gerade bei Aufnahmen außerhalb des Fotostudios ist ein Dunkelkammerzelt erforderlich, es muss viel Wasser transportiert werden, wobei dann schnell ein Gesamtgewicht von 50kg und mehr erreicht wird. Früher hatten Fotografen mehrere Esel dabei, ich nutze heute einen Leiterwagen.

Foto: Fabian Fischer

Trotz allem Aufwand ist das Schöne an dem Verfahren, dass ich jeden Schritt im Entstehungsprozess der "Wetplates" bestimmen und steuern kann. Ich habe bislang kein anderes Medium gefunden, das mit seiner Bildsprache so sehr meinem inneren Auge entspricht.

Fotografie ist durch digitale Technik zugänglicher denn je. Wie bist du bei dieser Entwicklung zum Kollodium-Nassplatten-Verfahren gekommen?

Die analoge Fotografie konnte mich mit einer Rolleiflex, die ich auf einem Flohmarkt erstanden hatte, in ihren Bann ziehen. Nach einigen Erfahrungen mit Filmentwicklung und Handabzügen in der Dunkelkammer habe ich ein Video vom Fixieren einer Nassplatte gesehen. Dieser letzte Schritt ist magisch, da wie von Geisterhand das Bild erscheint und schließlich im Fixierbad zu sehen ist. Daraufhin habe ich mich intensiver mit dem Thema Nassplatte beschäftigt und einen Workshop besucht, um die grundlegenden Handgriffe zu erlernen. Danach hat mich dieser Themenbereich gefesselt und nicht mehr losgelassen.

Foto: Fabian Fischer

Die sogenannten „Tintypes“, Bilder auf schwarzem Aluminium, sind Unikate. Hast du auch einen Prozess, mit dem du die Bilder auch vervielfältigen kannst?

Das Nassplatten Kollodium Verfahren hat durch Direktpositiv-Bilder - gerade in der Portraitfotografie - in den letzten 30 Jahren an Popularität gewonnen. Ursprünglich war der Prozess so erfolgreich, gerade weil er Direktpositive wie zum Beispiel teure Daguerrotypien abgelöst hat. Mit Glasnegativen und der Kontaktkopie auf Silbersalzpapieren konnten Fotografien erstmals vervielfältigt werden. 

Foto: Fabian Fischer

Für das Fotoprojekt "Holocene", an dem ich aktuell arbeite, nutze ich handgemachtes Albumin- und Salzpapier, um Symbiosen zwischen Orten meiner Jugend und Landschaften, die mir heute wichtig sind, zu finden.

Welches Genre deckst du mit deiner Fotografie ab?

Aktuell arbeite ich intensiv im Genre der Landschaftsfotografie, frühere Projekte haben mich in die Makro- und Portraitfotografie geführt. Ich bin immer sehr neugierig, wie sich bestimmte Themenfelder mit dem Kollodium-Verfahren verwirklichen lassen.

Ein großer Faktor in deiner Arbeitsweise ist Entschleunigung. Hat das Auswirkungen auf andere Lebensbereiche?

Minutenlange Belichtungszeiten auf Glas- und Aluminiumplatten mit selbst gemischten fotografischen Lösungen - das ist ja quasi eine Definition von Entschleunigung als Verlangsamung der Zeit. Ich empfinde diese Entschleunigung eher als Fokussierung auf die verschiedenen Schritte im Prozess, angefangen mit der Entscheidung, ob ich hier und jetzt die Kamera aufbaue.

In den letzten Jahren habe ich meiner fotografischen und künstlerischen Tätigkeit mehr Zeit und Bedeutung eingeräumt, was ich als sehr erfüllend empfinde - das liegt womöglich nicht nur am Äther. 

Maximilian Zeitler

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