Die Mission einer Innenarchitektin - ein Gespräch mit Susanne Kaiser
Von Andrea Bruchwitz - Mi, 05.10.2016 - 09:17
Susanne Kaiser ist seit mehr als 15 Jahren passionierte Innenarchitektin und designt die Innenräume von Luxus-Hotels, Restaurants und Privatresidenzen. Die Wahl-Berlinerin erschafft mit ihrem Gespür für Ästhetik einzigartige Räume, bei denen eine feine Gratwanderung zwischen klassischem Chic und Lebhaftigkeit, zwischen Funktionalität und Gemütlichkeit gelingt. Wir haben mit der renommierten Innenarchitektin, die für internationale Kunden wie Best Western und Klöckner arbeitet, über ihre Arbeit gesprochen.
Wie bist du zur Innenarchitektur gekommen und was begeistert dich am meisten daran?
Ich war schon in meiner Jugend empfänglich für ästhetische Räume und hatte immer einen Drang dazu, Räume zu ordnen und zu verschönern. Mich begeistert an der Innenarchitektur, wie man mit Farbe, Licht, Kunstwerken und der richtigen Möblierung einen Raum verändern kann.
Welche Art von Räumen richtest du am liebsten ein? Wo liegt dein Schwerpunkt?
Ich mag jede Art von Herausforderung und plane die Innenarchitektur für Hotels und Büroräume ebenso wie für private Residenzen. Ich wiederhole mich ungerne und finde neue Themenbereiche spannend. Im Laufe der Zeit habe ich zudem gemerkt, dass ein Projekt nicht groß sein muss, damit ein gelungenes Resultat entsteht, eher im Gegenteil: Mein letztes Projekt war ein kleines Ferienhaus mit Reetdach in der Künstlerkolonie Ahrenshoop. Das war eine tolle Möglichkeit, um viele meiner Lieblingsthemen umzusetzen. Man kann es sich so vorstellen: Schwarz-Weiß-Kontrast trifft auf Vintage-Möbel, „New Hamptons Style“ trifft auf puristischen Beton. Jeder Raum ist am Ende eine Gesamtkomposition, die in sich stimmig ist.
Reetdachhaus in Ahrenshoop im New England Style. Foto: Michael Zalewski.
Wie würdest du deinen Einrichtungsstil beschreiben?
Für mich ist in erster Linie wichtig, dass sich die Nutzer in den gestalteten Räumen wohlfühlen. Das ist meine Philosophie: Innenarchitektur sollte immer für den Menschen gemacht sein und dabei seine Emotionen und Sinne ansprechen. Meiner Meinung nach gibt es für jeden Raum die ideale Lösung, die zum Raum selbst, zu seiner Nutzung und zu seinem Bewohner passt. Ein Raum darf nicht zu überladen, aber auch nicht zu puristisch sein – sonst kommt die Gemütlichkeit, nach der sich jeder Mensch letztendlich sehnt, zu kurz. Ich finde es interessant, Ideen konsequent zu verfolgen und umzusetzen. Jedes Projekt muss sein eigenes Thema finden – dieses Thema versuche ich dann in einer spannungsreichen Art und Weise umzusetzen. Ich persönlich mag es sehr, mit dem Kontrast von Neu und Alt zu spielen.
Wer oder was inspiriert dich bei der Arbeit?
Mich inspiriert wirklich alles, was ich erlebe: Wenn ich auf Reisen bin, in der Natur zur Ruhe komme oder mir Kunstwerke anschaue, sprießen die Ideen. Manchmal ist es auch ein schönes Material, das ich mit meinen Fingern spüre und ertaste – Inspiration findet man überall.
Susanne Kaiser in dem von ihr designten Reetdachhaus in Ahrenshoop. Foto: Michael Zalewski.
Welches Gestaltungselement setzt du am liebsten ein, um ein „Statement“ im Raum zu setzen?
Dafür verwende ich gerne kräftige Farben, eine markante Leuchte oder eindrucksvolle Kunstwerke.
Welchen Stellenwert haben Kunstwerke für dich im Rahmen der Einrichtungsarbeit?
Kunstwerke haben einen sehr hohen Stellenwert und müssen sorgfältig ausgewählt werden, denn sie spiegeln Persönlichkeit und Geschmack des Besitzers wider. An einem Bild sollte man sich nicht zu schnell satt sehen, daher darf es auch gerne Ecken und Kanten haben. Ich finde es schön, wenn ein Motiv dem Betrachter viel Raum für Phantasie lässt oder einen persönlichen Bezug herstellt. Das kann auch auf subtiler Ebene geschehen. Die richtige Rahmung ist mir ebenfalls sehr wichtig, denn sie gibt dem Bild die Wertschätzung, die es zu einem Kunstwerk macht.
Ist Interior Design ein erlernbares Handwerk oder kommt es hauptsächlich auf Talent an?
Beides. Ich bin schon der Meinung, dass Erfahrung einen großen Einfluss hat und man mit jedem Projekt stilsicherer wird. Talent benötigt man aber auch, vielfältiger Ideenreichtum sollte mit einem Sinn für Ästhetik gepaart sein. Das ist essentiell, denn wenn eine geniale Idee in der Praxis nicht gut umgesetzt wird, verliert sie ihre Kraft. Dieser private Spa verfügt über Massage- und Beautykabinen, eine finnische Sauna, eine russische Banja, einen Eisraum und großzügige Ankleiden. Der Boden des Schwimmbades kann bei Bedarf als Tanzfläche benutzt werden.
Foto: Susanne Kaiser
Hast du selbst ein Vorbild aus dem Bereich der Architektur oder Kunst, an dem du dich stets orientierst?
Ich habe kein großes, alles überscheinendes Vorbild, trotzdem gibt es viele Künstler und Architekten, die ich sehr schätze. Dazu gehört Patrizia Urquiola: Sie schafft es, bei jedem Entwurf einen neuen Aspekt in den designten Gegenstand zu bringen. Ihre Produkte sehen nie gleich aus und sind alle einzigartig schön. Außerdem liebe ich die Werke von Rachel Whiteread, die sich mit Räumen und Zwischenräumen – also negativen und positiven Formen – auseinandersetzt. Ich mag die Ostkreuz-Fotografin Sibylle Bergemann, da sie die Modefotografie im Osten stark geprägt hat. Mich faszinieren die Leichtschalen-Bauwerke von Ulrich Müther und die Experimentierfreude, mit der er seine Gebäude entwickelt hat.
Was ist deiner Meinung nach einer der am schönsten gestalteten Räume/Bereiche, die es je gegeben hat?
Das ist eine schwierige Frage. Das perfekte Gebäude ist für mich das Guggenheim Museum in New York – die Idee ist so stark. Faszinierend finde ich auch die Häuser von Neutra (Anmerkung der Redaktion: Der Architekt Richard Neutra entwickelte in den Fünfziger und Sechziger Jahren lichtdurchflutete Häuser, deren Fassade durch große Glaswände einen fließenden Übergang zwischen Innenraum und umgebender Landschaft schuf). Ich liebe an den Architekten der Sechziger Jahre, dass sie großen Mut bewiesen und ihre Vision einfach in die Wirklichkeit umwandelten. Die Außenhülle wurde gemäß des Innenraumes entwickelt. Mein Lieblingsraum in Berlin ist übrigens die Nationalgalerie von Mies van der Rohe.
Gestaltete Ferienwohnung Dünenpalais, Seebad Ahlbeck. Foto: Michael Zalewski.
Wie gehst du mit Kritik um?
Offensiv. Ich bin kommunikativ, aufgeschlossen und versuche während meiner Arbeit, die Kritik in offenen Gesprächen zu erfassen und sie gleich ins Schaffen einfließen zu lassen. Ich bin von Natur aus sehr selbstkritisch und hinterfrage, was ich tue – das hat sich bewährt und zu einer großen Kundenzufriedenheit geführt.
Was ist ausschlaggebend, um in deiner Branche erfolgreich zu sein?
Ich denke, es ist wie in jedem anderen Beruf Fleiß, Durchhaltevermögen, Beharrlichkeit, Glück und - wie gesagt - ein wenig Talent.
Was würdest du jungen Interior Designern raten? Was sollte stets das „innere Ziel“ beim Ausführen der Arbeit sein?
Jeder Designer oder Innenarchitekt muss sein Ziel selbst feststecken, aber mir persönlich ist die Passion an der Arbeit sehr wichtig. Man muss einen freien Kopf haben, seiner Intuition folgen und darf sich im Vorfeld nicht zu sehr von technischen Umsetzbarkeiten und Kosten in ein Korsett pressen lassen. Zudem sind die Neugier und die Motivation, etwas Neues zu erschaffen, essentiell. Ich freue mich immer auf den Moment, wenn ich mit meinem Fotografen das Ergebnis von der monatelangen Arbeit festhalten kann und mir das Resultat anschaue. Im Grunde geht es darum: Der Nutzer des Raumes sollte sich jeden Tag in den Räumen wohlfühlen und sich an den Dingen erfreuen, die ihn umgeben. Darin besteht das eigentliche Ziel eines jeden Innenarchitekten, das ist die höhere Mission: Umgebungen zu erschaffen, die andere Menschen glücklich machen.
Flagship-Store der Herrenlinie „Camp David“ und des Damenlabels „Soccx“. Foto: Michael Zalewski.
Zum Portfolio von Susanne Kaiser geht hier. Mehr Informationen zur Arbeit von Susanne Kaiser und ihren Erfahrungen mit WhiteWall gibt es in unserer digitalen Broschüre:
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