Faszination Makrofotografie: Ein Interview mit Valentin Gutekunst
Von Fabian Peters - Mo, 05.08.2019 - 16:13
Wenn im Frühling die ersten Blumen blühen und Insekten in Gärten, Parks und auf Balkonen herumschwirren, beginnt auch die Hauptsaison der Makrofotografie. In der Makrofotografie werden ganz kleine Dinge groß sichtbar. Kleinste Insekten und Blüten präsentieren sich in Nahaufnahme. Makrofotografie Sie zählt zu einem der faszinierendsten und spannendsten Genres der Fotografiewelt. Sie ermöglicht es uns Dinge zu veranschaulichen, die außerhalb unseres üblichen Sehvermögens liegen. Im Interview spricht Makrofotograf Valentin Gutekunst über die Faszination und Schönheit der Natur, seinen Weg zur Makrofotografie und erklärt, worauf es bei guten Makrofotografien ankommt. Zudem erklären wir, was es mit Abbildungsmaßstab, Nahlinsen, Zwischenringen und Co. auf sich hat!
Herbstanemone/ Foto: Valentin Gutekunst
Was ist Makrofotografie?
Die Übergänge von Normal-, Nah- und Makroaufnahme sind fließend. Orientieren Sie sich am Abbildungsmaßstab. Ein Abbildungsmaßstab 1:1 bedeutet, dass das zu fotografierende Objekt in Lebensgröße auf dem Sensor abgebildet werden kann. Dann können Sie von einer Makroaufnahme sprechen. Mit den richtigen Objektiven erreichen Sie auch noch größere Maßstäbe wie 2:1 oder 5:1. Jedes Objektiv hat eine andere Naheinstellgrenze. Also einen minimalen Abstand, den Sie einhalten müssen, damit Sie noch scharf stellen können. Für solche Abbildungen brauchen Sie eine spezielle Fotoausrüstung. Welche das ist, erfahren Sie bei uns!
Wie bist Du zur Makrofotografie gekommen und was begeistert Dich am meisten daran?
Ich komme aus Stuttgart und habe dort technische Biologie studiert. Zur Fotografie bin ich 2013 gekommen, als ich zufällig eine beeindruckende Makroaufnahme von einer winzigen Springspinne sah. So etwas hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Ich war total fasziniert und wollte so etwas auch hinbekommen. Also habe ich mir eine Kamera besorgt und mich voller Tatendrang daran gemacht die ersten Makrofotos zu schießen. Leider habe ich recht schnell gemerkt, dass ich mit meinem Equipment nicht nah genug an meine Motive herangekommen bin. Ich wollte mehr und habe mich im Internet informiert, wie solche extremen Makroaufnahmen möglich sind. Ich habe einfach nicht locker gelassen. Das Makrofieber hat mich seitdem gepackt.
Springspinne/ Foto: Valentin Gutekunst
Du bist Betreiber der Webseite Makrotreff: Welche Philosophie steckt dahinter?
Als ich mich damals im Internet nach Informationen, Tipps und Tricks zur Makrofotografie umgeschaut habe, musste ich schnell feststellen, dass gerade für Einsteiger nicht viel geboten wurde. Daraufhin habe ich mich hingesetzt und ohne große Vorkenntnisse eine Website erstellt. Nach monatelanger Arbeit ist daraus dann Makrotreff entstanden. Ein Portal für alle Makro- und Naturfotografie-Begeisterte. Damit soll besonders Einsteigern, die den Weg zur Makrofotografie gefunden haben, geholfen werden. Aber auch erfahrene Makrofotografen können anhand von Artikeln über tiefergehende und neue Methoden der Makrofotografie profitieren. Die eigentliche Mission von Makrotreff und der Zeitschrift Makrofoto ist es aber, die Faszination und Schönheit der Natur und deren Geschöpfe den Menschen wieder näher zu bringen. Viele Leute nehmen die Umwelt nicht mehr bewusst wahr. Dem wollen wir entgegenwirken und ein Bewusstsein schaffen, dass es sich lohnt gerade unsere heimische Artenvielfalt zu schützen und zu fördern. Das gelingt uns indem wir durch faszinierende Makroaufnahmen Aufmerksamkeit erzeugen und gleichzeitig Aufklärungsarbeit leisten. So berichten wir beispielsweise über bedrohte Tierarten oder Pflanzen und zeigen mit unseren Fotos wie wunderbar die Natur vor unserer eigenen Haustür sein kann.
Erleuchtete Pilze/ Foto: Valentin Gutekunst
Was fasziniert Dich so sehr an der Makrofotografie?
Die Makrofotografie eröffnet einen Weg in eine völlig neue Welt. Mich hat es unglaublich fasziniert wie Tiere, aber auch Pflanzen aussehen, wenn man sie vergrößert betrachtet. Man entdeckt Details, die man vorher nie wahrgenommen hat. Aber nicht nur Details. Seitdem ich mit der Makrofotografie begonnen habe, hat sich mein Blick auf die Natur komplett gewandelt. Ich sehe wieder bewusster hin, erkenne plötzlich überall Leben – auch wenn es noch so klein ist. Ich habe vieles entdeckt, was ich früher nicht kannte und das ist es, was für mich die wahre Faszination ausmacht.
Skorpionsfliege/ Foto: Valentin Gutekunst
Blüten sind ein klassisches Objekt der Makrofotografie. Welche Motive findest Du besonders reizvoll?
Im Grunde lässt sich fast alles im Makroformat ablichten. Besonders reizvoll waren für mich schon immer die Springspinnen mit ihren faszinierenden riesigen Zentralaugen. Wunderschön sind natürlich auch Schmetterlinge. Aber den größten Reiz sehe ich derzeit in den sogenannten Kugelspringern, diese extrem winzigen Tierchen – meist kleiner als einen Millimeter – sind im Grunde überall und doch kennt und sieht sie kaum jemand.
Kugelspringer/ Foto: Valentin Gutekunst
Unsere Tipps für Motivideen
Neben Insekten und Blumen sind Miniaturen und kleine, detailreiche Gegenstände interessante Modelle für Makroaufnahmen. Fotografieren Sie Spielzeugautos als wären Sie echt oder gehen Sie ganz nah dran an einen technischen Apparat. Fotografieren Sie das Innenleben einer Uhr oder eine Computerplatine! Entdecken Sie Strukturen in Federn oder Blattadern und scheuen Sie sich nicht vor abstrakten Motiven!
Wer oder was inspiriert Dich bei Deiner Arbeit, beziehungsweise woher kommen die Ideen für Deine Makro-Motive?
Die meisten Ideen kommen mir meist spontan, wenn ich bestimmte Objekte sehe. Beispielsweise habe ich letzten Winter versucht Schneeflocken mit einem Tuch aufzufangen und die einzelnen Eiskristalle fotografiert. Oder ich sammle verschiedene Früchte oder Samen und experimentiere damit Zuhause, wenn das Wetter draußen unwirtlicher wird. Die meiste Zeit bin ich jedoch in der Natur unterwegs und fotografiere das, was ich auf meinen Touren alles entdecke.
Detail eines Papageien-Flügels/ Foto: Whitewall
Unser Extra-Tipp für nahtloses Fokussieren
Wenn Sie extrem nah an Ihr winziges zu fotografierendes Objekt heran wollen, probieren Sie es mit einem Balgengerät! Diese finden Sie oft günstig gebraucht. Das Balgengerät funktioniert im Prinzip wie flexible Zwischenringe. Sie können damit sehr fein und stufenlos Ihren Naheinstellungsbereich und den Abbildungsmaßstab einstellen. Balgengeräte haben meistens schon einen integrierten Einstellschlitten. Dieser wiederum ermöglicht es nahtlos auf einer Schiene entlang der optischen Achse verschiedene Schärfentiefebereiche zu fokussieren.
Mit welchem Equipment bist Du unterwegs, wenn Du makro fotografierst?
Derzeit fotografiere ich mit der Sony a77ii und einem Tamron 90 mm Makroobjektiv. Viele meiner Fotos und gerade die extremen Makros mache ich mit einem sogenannten Retroadapter, der es möglich macht, Objektive falsch herum an die Kamera anzuschließen. Dazu verwende ich ein altes manuelles Objektiv. Mit dieser günstigen Kombination für circa 80 Euro sind beeindruckende Vergrößerungen möglich. Man braucht also keine teure High-End Ausrüstung. Jeder kann mit einfachen Hilfsmitteln tolle Makrofotos schießen.
Schneeflocke/ Foto: Valentin Gutekunst
Unsere Tipps für eine Makro-Ausrüstung für Einsteiger
Makroobjektive kosten zwischen mehreren hundert und tausenden Euro. Es muss aber nicht direkt ein teures Objektiv sein, um sich heranzutasten an die Makrofotografie.
Sie sich können sich auch erst einmal mit einem Retroadapter behelfen. Am besten funktioniert diese Technik mit Weitwinkelobjektiven. Wenn Sie mit einem Verlust der Abbildungsleistung und manuellem Fokussieren umgehen können, dann ist ein Retroadapter einen Versuch wert.
Auch Zwischenringe eignen sich zum Vergößern. Zwischenringe sind eine leichte, lichtdichte Lösung. Diese schrauben Sie einfach zwischen Ihre Kamera und Ihr normales Objektiv. Dadurch ist das Frontelement des Objektivs weiter entfernt und der Abbildungsmaßstab vergrößert sich! Sehr praktisch ist, dass Zwischenringe mit vielen Objektiven kompatibel sind.
Oder Sie benutzen Nahlinsen. Diese “Vergrößerungsgläser” schrauben Sie wie einen Filter auf Ihr Objektiv. Diese können Sie zudem noch kombinieren, bis Sie Ihren idealen Abbildungsmaßstab gefunden haben.
Ein Stativ ist Pflicht für verwacklungsfreie Aufnahmen!
Worauf muss man beim Makrofotografieren achten? Gibt es allgemeingültige Tipps?
Das wichtigste ist gutes Licht. Auch Makrofotografie ist nichts Anderes als „Malen mit Licht“. Gutes Licht ist in diesem Falle diffuses, weiches Licht. Das sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung des Motivs. Darauf folgt eine Eigenschaft die jeder Makrofotograf mitbringen sollte: Geduld. Noch besser: Viel Geduld! Denn die meisten Tiere lassen sich nicht so einfach ablichten. Etwas leichter tut man sich in den frühen Morgen- oder den späten Abendstunden. Insekten sind da viel träger und damit leichter zu fotografieren.
Schwarzer Schwalbenschwanzschmetterling/ Foto: Whitewall
Unsere Tipps für gelungene Makro-Aufnahmen und die richtigen Kameraeinstellungen
Fotografieren Sie am besten zur goldenen Stunde. Also kurz vor oder kurz nach Sonnenaufgang, sowie kurz vor Sonnenuntergang. Die Rotanteile zu dieser Tageszeit machen das Licht besonders weich. Sie können auch einen Diffusor verwenden, um hartes Sonnenlicht zu streuen.
Halten Sie einen möglichst geringen Mindestaufnahmeabstand ein! Mit kurzen Brennweiten müssen Sie zwangsläufig näher an Ihr Motiv heran, mit beispielsweise einem Makroteleobjektiv können Sie einen größeren Abstand einnehmen.
Am besten halten Sie den Blendenwert im mittleren Bereich. Abblenden (höhere Blendenzahl) müssen Sie auf jeden Fall, doch das ist nicht unbegrenzt möglich. Die Abbildungsleistung des Objektivs nimmt zwar mit geschlossener Blende zu, aber dann tritt die Beugungsunschärfe in Erscheinung. Wenn Sie jedoch mit Tiefenunschärfe spielen möchten, arbeiten Sie offenblendig. Die Makrofotografie lebt vom Spiel mit der Naheinstellgrenze. Da Sie so nah an Ihr Objekt herangehen, erhält oft nur ein kleiner Bereich eine Tiefenschärfe ( - die Begriffe Schärfentiefe und Tiefenschärfe können Sie synonym verwenden, korrekt ist aber eigentlich Schärfentiefe). Beachten Sie, dass sich der Schärfebereich drastisch verkleinert in solchen Nahaufnahmebereichen.
Beachten Sie zudem die Lichtstärke und die Beweglichkeit ihres Motivs. Eine kurze Belichtungszeit (z.B. 1/200) ist vor allem wichtig für Motive wie Insekten oder Blumen im Freien, die sich bewegen können.
Bei schnellen Insekten wie Schmetterlingen stellen Sie bereits im Vorfeld auf den angepeilten Landeplatz scharf, prä-fokussieren Sie also. Dann warten Sie ab, bis sich das Insekt niederlässt und machen blitzschnell Aufnahmen mit kurzer Belichtungszeit.
Wie intensiv setzt Du bei Deinen Makroaufnahmen auf digitale Nachbearbeitung?
An der digitalen Nachbearbeitung führt heutzutage eigentlich kein Weg mehr vorbei. Denn selbst das Entfernen von Sensorflecken oder Focus Stacking zählt strenggenommen schon dazu. Allerdings versuche ich meine Nachbearbeitung möglichst gering zu halten, da ich die Dinge so zeigen möchte wie man sie auch in der Natur vorfindet.
Goldwespe/ Foto: Valentin Gutekunst
Was ist Focus Stacking?
Da bei Makroaufnahmen nur ein sehr kleiner Schärfebereich entsteht, ist es sinnvoll, mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Schärfetiefen zu einer Aufnahme zusammenzufügen. Vor allem bei sehr kleinen Motiven wie Ameisen und winzigen Insekten. Dies können Sie mit spezieller Software ganz automatisch machen. Zum Beispiel Photoshop oder Helicon Focus. Eine Übersicht verschiedener Bildbearbeitungsprogramme haben wir ebenfalls für Sie im Magazin zusammengestellt.
Was ist Deiner Meinung nach ausschlaggebend, um in der Fotografiebranche erfolgreich zu sein?
Man braucht Ehrgeiz und Ausdauer, denn das Fotografieren lernt man meiner Meinung nach nur durch fotografieren. Da hilft auch das teuerste Equipment nichts. Man muss raus und fotografieren, fotografieren, fotografieren.
WhiteWall Tipp: Makrofoto als ultraHD Wandbild auf Alu-Dibond
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