Das Belichtungsdreieck: Blende, Verschlusszeit, ISO

Von WhiteWall Redaktion

Nahaufnahme einer Kameraobjektivöffnung mit sichtbarer Blende und reflektierenden Lichtmustern auf den Glasflächen.

Meistern Sie das Belichtungsdreieck, meistern Sie die Fotografie

Die grundlegenden Elemente, die die Belichtung einer Fotografie beeinflussen, sind Licht, Blende und ISO. Das Licht bestimmt die Menge an Helligkeit, die zur Verfügung steht, die Blende reguliert die Öffnung des Objektivs und damit die Menge des einfallenden Lichts, und die ISO-Empfindlichkeit wirkt sich auf die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors aus. Um die perfekte Balance zwischen Licht und Schatten zu finden, ist ein gründliches Verständnis dieser Faktoren unerlässlich. Fotografierende müssen die Nuancen dieser Parameter in jeder Situation beherrschen. Nur so gelingen präzise Aufnahmen. Wir zeigen, worauf es ankommt.

Blende, Verschlusszeit, ISO

Hier stellen wir Ihnen die Auswirkungen von Blende, Verschlusszeit und ISO auf Ihre Aufnahmen einmal genauer vor. Dabei gehen wir auf die positiven wie negativen Faktoren der einzelnen Werte ein – und zeigen, wie diese ineinandergreifen. Denn nur gemeinsam, und nicht für sich alleine, spielen diese Faktoren ihre volle Wirkung aus, um einzigartige Bilder festzuhalten. Doch keine Sorge, Blende, Verschlusszeit und ISO sind gar nicht so kompliziert. Und wenn Sie das Zusammenspiel der Werte erst einmal perfekt verstehen, können Sie alle fotografischen Genres meistern.

Funktion und Wirkung der Blende auf Ihre Bilder

Das Einstellen der Blende eines Objektivs gehört zu den Grundlagen der Fotografie. Denn mit der Blende kann nicht nur die Menge des einfallenden Lichts gesteuert werden, sondern die Blende hat auch einen direkten Einfluss auf das Bildergebnis. Die Wirkung der Blende und die Art und Weise, wie sie eingestellt wird, kann dabei jedoch zunächst etwas verwirrend erscheinen. Grund dafür ist meist die so genannte Blendenskala (f/-Skala), deren Nomenklatur für viele zunächst im Widerspruch zur Funktion steht. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Abschnitt. Zuvor gehen wir kurz auf die eigentliche Funktion der Blende ein:

Wie die Blende funktioniert, ist schnell erklärt: Vereinfacht gesagt, handelt es sich dabei einfach um ein Loch im Objektiv, durch das Licht auf den Sensor der Kamera fällt. Diese Öffnung besteht aus mehreren Lamellen, die sich überlappen – entsprechend auch bekannt als Blendenlamellen. Diese können – je nach Blendenzahl – stärker geschlossen oder geöffnet werden. Dadurch wird geregelt, wie viel Licht zum Sensor durchgelassen wird. Blende f/1 steht dabei für eine fast vollständige Öffnung der Blende mit maximalem Lichtdurchlass, während etwa Blende f/22 durch seine kleine Blendenöffnung nur noch sehr wenig Licht auf den Sensor hindurchlässt.

Bei einer großen Öffnung wie Blende f/2 wird folglich sehr viel mehr Licht durchgelassen als bei einer kleinen Blende wie f/16. Etwas verwirrend wird es schließlich, wenn es darum geht, die verschiedenen Zustände der Blendenöffnung zu bezeichnen: Warum springen die Werte von f/4 über f/5,6 bis f/8? Und warum steht ein kleiner Wert wie f/2 für eine größere Blendenöffnung als f/22? Die Antworten gibt's im folgenden Absatz.

Die Mathematik hinter dem Blendenwert

Der Grund für die Blendenbezeichnungen wie f/1,8, f/4, f/11 oder f/22 ist einfach: Die Blendenzahl f/ ist zunächst einmal keine physikalische Einheit, die etwa den Durchmesser der Blendenöffnung angeben könnte. Es handelt sich vielmehr um eine dimensionslose Verhältniszahl, die sich rechnerisch aus dem Durchmesser der Blendenöffnung und der Brennweite ergibt. Beispielsweise bedeutet f/4, dass die Brennweite (f) geviertelt werden muss, um das Blendenmaß zu erhalten. Bei f/16 teilt man die Brennweite durch 16, um die Blendenöffnung zu erhalten.

Auf den ersten Blick willkürlich erscheint auch die Reihenfolge der Blendenwerte, in der die f/-Werte an einer Kamera eingestellt werden. Doch auch sie folgt einer Regel: Die durch die Blende auf den Sensor fallende Lichtmenge wird durch die Blendenfläche bestimmt. Dementsprechend sind auch die Blendenwerte „quadratisch“ zu betrachten. f/2 zum Quadrat ergibt 4, f/4 zum Quadrat ergibt 16 usw.

In der Fotografie hat sich der Begriff Blendenstufe etabliert, der wie folgt zusammenhängt: Eine Blendenstufe mehr geht mit der Verdoppelung des Lichteinfalls einher. Verdoppelt man aber die Kantenlänge, so vervierfacht sich die Fläche. Diesem Umstand trägt die Multiplikation der Kantenlänge mit „Wurzel 2“ Rechnung; hier verdoppelt sich die Fläche lediglich. Entsprechend ergeben sich die Blendenstufen: f/2 multipliziert mit der Wurzel aus 2 ergibt etwa f/2,8, und f/5,6 multipliziert mit der Wurzel aus 2 ergibt f/8. Eine einfache Möglichkeit, sich zu merken, dass höhere Werte eine kleinere Blende bedeuten, besteht darin, sich die f/-Werte als Brüche vorzustellen; so wäre f/8 gleich 1/8 oder auch f/16 gleich 1/16.

Was die Blende mit der Schärfentiefe zu tun hat

Zwei Frauen in schwarzen Kleidern stehen in einem Feld. Eine schaut in die Kamera, die andere steht mit dem Rücken zur Kamera. Der Hintergrund ist neblig.

BU: Bei Porträts wird gern zu einer kleinen Blende wie f/2 gegriffen, damit der Hintergrund in kunstvoller Unschärfe verschwimmt.

Natürlich ist die Blendenöffnung nicht der einzige Faktor, der die Belichtung einer Aufnahme bestimmt. Auch die Verschlusszeit und die ISO-Empfindlichkeit haben einen Einfluss darauf, wie viel Licht zur Erzeugung eines Bildes nötig ist. Automatik- und auch Halbautomatikmodi an der Kamera ermöglichen einen gezielten Eingriff in die Wahl der Werte.

Obwohl das Objektiv und die Kamera immer nur auf einen ganz bestimmten Punkt scharf stellen können, hat die Wahl der Blende Einfluss auf die Schärfe im Bild – genauer gesagt auf den Bereich vor und hinter dem scharf gestellten Punkt, der noch scharf abgebildet wird. Dieser Bereich wird als Schärfentiefe bezeichnet. Eine kleine Blendenöffnung erzeugt mehr Schärfentiefe als eine große Blendenöffnung. Eine große Blendenöffnung kann also dazu dienen, ein Motiv stärker freizustellen, da der Hintergrund schneller verschwimmt. Gleichzeitig kann die Belichtungszeit verkürzt werden, da mehr Licht durch die Blende auf den Sensor trifft.

Vorteile ergeben sich für die Porträt- und Sportfotografie. Allerdings werden Fokussierungsfehler im Bild deutlicher sichtbar. Eine geringere Öffnung der Blende kehrt den Effekt entsprechend um: Ein größerer Bildbereich erscheint scharf, Fehlfokussierungen lassen sich entsprechend leichter kaschieren. Eine große Blende wie f/16 wird daher immer dann eingesetzt, wenn besonders viele Details im Bild festgehalten werden sollen, zum Beispiel in der Makro- oder auch Landschaftsfotografie. Allerdings muss dann in der Regel auch die Belichtungszeit entsprechend verlängert werden, damit die Belichtung passt. In jedem Fall sind bei langen Belichtungszeiten beziehungsweise stärker gerschlossenen Blenden meist ruhige Hände, ein Bildstabilisator oder sogar ein Stativ erforderlich.

Vorsicht vor Diffraktion

Nahaufnahme eines Pfauenfederauges mit blauen, grünen und braunen Farbtönen sowie feinen, parallel verlaufenden Linien der Federstruktur.

BU: Je größer der Blendenwert, desto mehr Schärfentiefe. Aber Vorsicht: Ein zu hoher Wert kann wieder zu einer leichten Gesamtunschärfe führen.

Die kleinste Blendenöffnung, wie f/2,8, eines Objektivs liefert in der Regel die größte Schärfentiefe für Ihre Aufnahmen. Allerdings kann es in diesem Fall auch zu einer leichten Unschärfe im gesamten Bild kommen. Dieses optische Phänomen wird als Beugung bezeichnet. Es entsteht, weil das einfallende Licht an den harten Kanten der Blendenlamellen gebrochen und dadurch abgelenkt wird. Die Beugung tritt grundsätzlich bei jeder Blendenöffnung auf; je kleiner jedoch die Blendenöffnung (z.b. f/22) ist, desto stärker ist der Effekt ausgeprägt.

Eine Nachschärfung der Aufnahme in der Postproduktion am Computer kann hier zwar eine gewisse Verbesserung bringen, qualitativ perfekte Ergebnisse lassen sich jedoch erzielen, wenn die Blende etwas weiter geöffnet wird – etwa statt f/22 auf f/16. Hinzu kommt, dass bei stark geschlossener Blende in der Regel auch die Verschlusszeit länger ist. Da in diesem Fall die Verschlusszeit entsprechend verlängert werden muss, kann es zusätzlich zu Bewegungsunschärfen im Bild kommen. Alternativ kann man auch die Blende etwas weiter öffnen, die optische Bildstabilisierung nutzen oder gleich ein stabiles Stativ verwenden, um in der jeweiligen Situation immer die schärfsten Aufnahmen zu erhalten.

Wunderschöne Lichtpunkte: Wie die Blendenlamellen das Bokeh beeinflussen

Eine Person mit dunklen Haaren blickt seitlich nach oben. Im Hintergrund unscharfe, leuchtende Punkte in Gelb und Blau sowie eine Lichterkette.

Die Anzahl der Blendenlamellen eines Objektivs hat einen direkten Einfluss auf die Qualität der unscharfen Bereiche im Bild, das sogenannte Bokeh. Als Faustregel gilt: Je mehr Blendenlamellen, desto besser, da sie für eine rundere Lichtscheibe sorgen. Die Anzahl der Blendenlamellen können Sie den technischen Daten Ihres Objektivs entnehmen: In der Regel sind zwischen fünf und neun Lamellen verbaut. Außerdem erscheinen die Lichtkreise im Hintergrund umso runder, je größer die Blendenöffnung gewählt wird. Beim Abblenden auf eine kleinere Blendenöffnung wird die tatsächliche Form der Blendenöffnung im Bild deutlicher. Es können unschöne Kanten und Ecken entstehen. Lichtkreise sind immer dann gut zu erkennen, wenn kleine Lichtquellen im unscharfen Hintergrund platziert sind. Bei kleinster Blende sieht man dann keine Lichtscheiben, sondern Sterne, die entsprechend der Anzahl der Lamellen kleine Spitzen haben.

Merke: Wenn Sie mit großer Blendenöffnung fotografieren, werden Lichtpunkte auch immer als runde Formen dargestellt. Wird abgeblendet fotografiert, zeigen sich die Anzahl und Form der Blendenlamellen.

Verschlusszeit virtuos einstellen

Zwei Oryxantilopen mit langen Hörnern stoßen in einer staubigen Umgebung frontal zusammen. Das Bild ist in Schwarz-Weiß gehalten.

BU: Kurze Verschlusszeiten helfen Ihnen, sich bewegende Motive in Aktion einzufrieren.

Die Verschlusszeit, auch Belichtungszeit genannt, ist der zweite wichtige Faktor aus dem Belichtungsdreieck. Sie entscheidet darüber, wie lange Licht auf den Sensor fällt – wovon auch abhängt, ob ein Motiv im Bild gestochen scharf abgebildet oder verwackelt zu sehen sein wird.

Ein Foto ist nur dann wirklich scharf, wenn die Konturen und Details eines Motivs klar und deutlich zu erkennen sind. Dazu müssen beim Fotografieren zwei Bedingungen erfüllt sein: Erstens müssen die Lichtstrahlen genau auf der Sensorebene gebündelt werden. Es muss also richtig fokussiert sein. Zweitens sollte sich das Motiv während der Aufnahme möglichst nicht bewegen. Sollte dies doch der Fall sein, kann der Fotograf bis zu einem gewissen Grad mit einer sehr kurzen Belichtungszeit gegensteuern.

Der Fotograf muss also immer wieder abwägen: Wie kurz muss die Verschlusszeit sein, um eine bewegte Szene als gestochen scharfes „Standbild“ auf die Speicherkarte zu bannen? Mit relativ langen Verschlusszeiten von 1/125 Sekunde und länger können Landschafts- und Architekturfotografen sowie Fotografien von Menschen, die für ein Foto extra still sitzen, durchaus arbeiten. Beim Fotografieren von Sportereignissen, Tieren oder auch spielenden Kindern ist man dagegen gut beraten, die Verschlusszeit auf mindestens 1/500 Sek. zu verkürzen, bei schnellen, oft impulsiven Bewegungen sogar noch mehr, da sonst das Hauptmotiv unscharf erscheint.

Aufnahmedistanz und Brennweite berücksichtigen

Die Wahl der richtigen Belichtungszeit ist jedoch nicht so einfach. Entscheidend ist nämlich nicht die Geschwindigkeit des Objekts, sondern wie weit es sich während der Belichtung im jeweiligen Bildausschnitt bewegt. Beispiel Fußball: Wer mit einer relativ kurzen Brennweite fast das gesamte Spielfeld überblickt, kann ruhig eine etwas längere Belichtungszeit von ca. 1/250 sec wählen, da die einzelnen Spieler im Bildausschnitt nur relativ klein zu sehen sind und ihre Position nur um Millimeterbruchteile verändern. Wer dagegen mit seinem Teleobjektiv eine Torwartparade ins rechte Licht rücken will, ist mit einer Belichtungszeit von mehr als 1/1000 Sekunde gut beraten, um die akrobatischen Hechtsprünge ohne „Unschärfe“ einzufrieren.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer mit einem Weitwinkel fotografiert, braucht sich über Belichtungszeiten weniger den Kopf zu zerbrechen. Wer dagegen mit einem Teleobjektiv unterwegs ist, sollte auf eher kurze Belichtungszeiten achten. Das gilt umso mehr, wenn Sie ohne Stativ fotografieren, denn auch wenn sich das Motiv nicht bewegt – Ihre Hand bewegt sich unter Umständen schon, wenn auch nur minimal. Dieses leichte Wackeln oder Zittern macht sich vor allem bei starker Vergrößerung bemerkbar.

Praktische Faustregel: Die Freihandgrenze

Eine bewährte Fotografenregel hilft Ihnen, Ihre „Freihandgrenze“ abzuschätzen: Die Verschlusszeit sollte nicht länger sein als der Kehrwert der effektiven Brennweite. Für ein 200-mm-Objektiv an einer DSLR mit APS-C-Sensor gilt also: Crop-Faktor 1,5, multipliziert mit 200 mm ergibt eine effektive Brennweite von 300 mm. Die Verschlusszeit sollte also nicht länger als 1/300 s sein. Wer eine ruhige Hand oder eine Ausrüstung mit Bildstabilisierung hat, kann die Verschlusszeit noch etwas verlängern, aber alle anderen fahren gut, wenn sie sich an diese Faustregel halten.

Ausreichend Licht auf dem Sensor

Die Belichtungszeit bestimmt nicht nur die Schärfe eines Bildes, sondern auch die Lichtmenge, die auf den Sensor trifft. Je kürzer die Belichtungszeit, desto dunkler wird das Bild. Es sei denn, die geringere Lichtmenge wird auf andere Weise ausgeglichen, z. B. durch Öffnen der Blende oder eine höhere ISO-Empfindlichkeit. Um im manuellen Aufnahmemodus (»M«) eine ausgewogene Belichtung zu erzielen, bedarf es einiger Erfahrung. Bei fast allen Systemkameras geht es aber auch einfacher. Und zwar mit den halbautomatischen Aufnahmemodi »Tv« („Time Value“) oder »S« („Shutter Priority“), auch „Zeitvorwahl“ genannt. Hier stellt der Fotograf lediglich die Belichtungszeit ein. Die Kamera ermittelt automatisch die richtige Blende, um ein ausreichend belichtetes Bild zu erhalten. Je nach Kameramodell wird dieser Modus daher manchmal auch als „Blendenautomatik“ bezeichnet.

Für alle, die ihre ersten Erfahrungen mit der Fotografie machen, ist dieser Aufnahmemodus sehr empfehlenswert. So kann man sich ganz auf das Zusammenspiel von Belichtungszeit und Schärfe konzentrieren. Den Rest erledigt die Kamera.

Professionelle Fotografen ziehen es vor, den Lichtmangel im manuellen Aufnahmemodus selbst auszugleichen. Sie kennen das „Belichtungsdreieck“ mit den drei Parametern, die die Bildhelligkeit beeinflussen: Blende, Verschlusszeit und ISO. Wer einen der drei Parameter halbiert, also zum Beispiel die Verschlusszeit von 1/125 Sekunde auf 1/250 Sekunde verkürzt, muss zum Ausgleich einen anderen Parameter verdoppeln, also zum Beispiel die Blende von f/5,6 auf f/4,0 öffnen oder die Lichtempfindlichkeit von ISO 400 auf ISO 800 erhöhen. Dann bleibt die Lichtmenge gleich und die kürzere Belichtungszeit wirkt sich nicht als Unterbelichtung auf das Bild aus.

Welche Belichtungszeit wann nutzen: Tipps und Tricks

Langzeitbelichtung mit kreativer Unschärfe

Ein Wasserfall mit türkisfarbenem Wasser fließt über dunkle Felsen. Der Himmel ist bewölkt und die Landschaft ist von Nebel und Vegetation umgeben.

BU: Landschaftsfotografen setzen auf lange Belichtungszeiten, um fließendes Wasser in seidiger Unschärfe einzufangen, während die starre Landschaft scharf bleibt.

Die meisten Fotografen wünschen sich gestochen scharfe Bilder. Andere freuen sich über Unschärfen im Bild, die dynamische Akzente setzen oder Bewegungsabläufe sichtbar machen. Ein Beispiel dafür sind Lightpainting-Aufnahmen bei Nacht, bei denen durch eine längere Belichtungszeit die Scheinwerfer von vorbeifahrenden Autos als leuchtende Streifen auf dem Motiv zu sehen sind.

Bewegungsunschärfe eignet sich auch sehr gut, um die Geschwindigkeit eines Objekts zu betonen. Zum Beispiel, wenn die Speichen eines Fahrrads unscharf erscheinen. Stellen Sie jedoch sicher, dass andere wichtige Elemente, wie z. B. der Rahmen des Fahrrads und der Fahrer scharf sind, da das Bild sonst unprofessionell wirkt.

Man kann die Langzeitbelichtung auch zum Einfangen von Sehenswürdigkeiten „ohne Touristen“ verwenden: Besucher verweilen meist nur wenige Sekunden an einem Ort. Bei einer Belichtung von mehreren Minuten verschwinden sie daher - wie von Geisterhand - aus dem Motiv. Um eine solche Aufnahme bei Tageslicht zu realisieren, muss die Lichtmenge drastisch reduziert werden. Dazu wird ein Graufilter (Neutraldichtefilter) vor das Objektiv geschraubt.

Bei den meisten Kameramodellen liegt die maximal einstellbare Verschlusszeit bei 30 Sekunden, manchmal ist auch eine Verschlusszeit von 60 Sekunden möglich. Wer eine noch längere Belichtungszeit benötigt, kann oft den »Bulb«-Modus aktivieren. Dabei bleibt der Verschluss so lange geöffnet, wie der Auslöser gedrückt wird.

Schnelle Bewegungen mit kurzer Verschlusszeit einfangen

Eine Person schwimmt unter Wasser in einem klaren, blauen Ozean. Über ihr sind Wellen und Wassertropfen auf der Oberfläche sichtbar.

Um Motive in Bewegungen einzufrieren, brauchen Sie besonders kurze Belichtungszeiten.

Kurze Belichtungszeiten eignen sich hervorragend, um extrem schnelle Vorgänge sichtbar zu machen, die für das menschliche Auge nicht mehr wahrnehmbar sind. Beispiele hierfür sind der Flügelschlag eines Kolibris oder das Platzen einer „Wasserbombe“. Dazu sind extrem kurze Belichtungszeiten von etwa 1/8.000 Sekunde notwendig. In dieser kurzen Zeitspanne fällt jedoch so wenig Licht auf den Sensor, dass mit künstlichem Licht nachgeholfen werden muss. Dafür werden Blitzgeräte mit „High Speed Synchronisation“ (HSS) genutzt.

Auch Motorsport-Fotografen setzen auf besonders kurze Verschlusszeiten. Doch lässt sich hier schwer blitzen, da die Entfernung zu den Rennwagen auf dem Ring zu weit wäre - und die Motive zu groß. Sie steuern mit dem dritten, wichtigen Wert im Belichtungsdreieck gegen: mit der ISO. Sie erhöhen diese, um die Grundbelichtung des Bildes etwas anzuheben. Doch auch hier gibt es ein paar Tücken, die es zu beachten gilt.

Bildrauschen unter Kontrolle: Wie sich die Lichtempfindlichkeit (ISO) auf Bilder auswirkt

Ein beleuchtetes Fischerboot liegt an einem Pier, dahinter ein schneebedeckter Berg. Am Himmel leuchten grüne Nordlichter, umgeben von Sternen.

BU: Astro- und Nachtaufnahmen sind der Klassiker, bei dem durch das geringe Umgebungslicht ein erhöhter ISO-Wert notwendig ist.

Die ISO kommt noch aus der Zeit der analogen Fotografie und stand für die Lichtempfindlichkeit des Films. Die Lichtempfindlichkeit der Negativfilme war ein wichtiger Faktor in der analogen Fotografie. Man überlegte sich vorher genau, welche Motive man in den nächsten 24 oder 36 Aufnahmen fotografieren wollte und versuchte, die Lichtsituation abzuschätzen. Dann entschied man sich für einen feinkörnigen Negativfilm mit ISO 100 oder einen lichtempfindlicheren mit ISO 800 und musste mit dieser Entscheidung leben, bis die Filmpatrone voll war.

Die Digitalfotografie macht es einfacher: Die ISO-Einstellung ist keine feste Größe mehr, sondern kann von Bild zu Bild an das Motiv angepasst werden. Heutige Kameras bieten Low-ISO-Einstellungen ebenso wie High-ISO-Einstellungen, die so hoch sind, dass sie in vielen Fällen den Blitz überflüssig machen. Diese Funktion gibt dem Fotografen viel mehr Freiheit bei der Wahl von Blende und Verschlusszeit. Doch einen Haken gibt es: Je höher die gewählte ISO, desto stärker kommt ein Rauschen ins Bild.

Während bei Negativfilmen spezielle Beschichtungsverfahren die Lichtempfindlichkeit des Materials erhöhen, wird bei Kamerasensoren einfach das Signal verstärkt. Bei einer höheren ISO-Empfindlichkeit wird also die gleiche Menge einfallender Photonen heller interpretiert. Dies ist in allen Situationen wichtig, in denen das vorhandene Licht der limitierende Faktor ist und der Fotograf aus gestalterischen Gründen weder die Blende weiter öffnen noch die Belichtungszeit verlängern möchte. In der Praxis bedeutet das im Umkehrschluss: Verdoppelt man den ISO-Wert, kann man im Gegenzug die Blende oder die Verschlusszeit um einen Faktor verringern. Wenn Sie also die ISO-Empfindlichkeit von 200 auf 400 erhöhen, können Sie entweder die Verschlusszeit von 1/125 s auf 1/250 s verkürzen oder die Blende von f/5,6 auf f/8 schließen, ohne dass das Bild zu dunkel wird.

Vorsicht vor hoher ISO

Durch die Digitaltechnik steht eine sehr große Bandbreite an ISO-Einstellungen zur Verfügung. Im Gegensatz zu Negativfilmen, bei denen ISO 3.200 die Obergrenze darstellt, spielen Bildsensoren in einer anderen Liga: ISO 102.400 ist längst kein Rekordwert mehr, diese Einstellung wird von vielen aktuellen Modellen angeboten.

Trotz all dieser Verbesserungen gilt eine Grundregel der Fotografie nach wie vor: Die ISO-Empfindlichkeit nur so hoch wie nötig einstellen. Eine Verstärkung des Signals führt zwar zu einer höheren Bildhelligkeit, aber auch zu einem höheren Grundrauschen des Sensors, in der Fotografie „Bildrauschen“ genannt.

Dieses Rauschen setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Beim Luminanzrauschen erscheinen einige Pixel zu hell oder zu dunkel, beim Farb- oder Chrominanzrauschen zeigen sie eine ganz andere, also „falsche“ Farbe. Bei Aufnahmen mit hohen ISO-Werten kann so auf dunkle Bildbereiche ein bunter Konfettiregen niedergehen. Wie stark sich das Helligkeits- und Farbrauschen auswirkt und ob es großflächige Muster bildet, ist je nach Kameramodell unterschiedlich.

Ein ähnlicher Effekt tritt bei extremen Langzeitbelichtungen auf. Dies ist beispielsweise in der Astrofotografie der Fall. Hier summiert sich das Grundrauschen durch die lange Verschlusszeit. Dieses Rauschen lässt sich bei vielen Kameras intern durch den so genannten „Dunkelbildabzug“ entfernen: Die Kamera macht nach der eigentlichen Belichtung eine zweite Aufnahme von gleicher Dauer, aber mit geschlossenem Verschluss. Auf diesem „Dunkelbild“ zeigt sich das spezifische Muster des Bildrauschens. Es kann als Schablone für die Filterung verwendet werden. So entstehen erstaunlich klare Aufnahmen des Sternenhimmels.

Die hohe Lichtempfindlichkeit begünstigt nicht nur das Bildrauschen, sondern hat noch einen weiteren, weniger offensichtlichen Nachteil: Der Dynamikumfang der Aufnahmen nimmt rapide ab.

Die richtige ISO: Anwendungsbeispiele in der Praxis

ISO 6.400 oder ISO 200? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von Motiv und Lichtverhältnissen ab. Wir haben hier ein paar typische Beispiele versammelt, die Ihnen das Einschätzen des ISO-Werts vereinfachen und veranschaulichen sollen.

Bewegungsunschärfe

Mit einer Belichtungszeit von mehreren Sekunden verwandelt sich ein Wasserfall in einen Schleier. Dies kann mit einer niedrigen ISO-Empfindlichkeit erreicht werden.

Eine natürliche Felsformation am Meer mit einem Loch, durch das Wasser fließt. Im Hintergrund ein rosa-orangefarbener Himmel und das offene Meer.

Fine-Art

Um die kleinsten Details in bester Qualität wiederzugeben, sollten Sie möglichst mit einer niedrigen Empfindlichkeit von ISO 200 oder weniger arbeiten. Der niedrigste ISO-Wert kann je nach Kamera und Sensor variieren. Tipp: Schalten Sie “Auto-ISO” aus, da die Kamera gerade bei dunklerer Umgebung wie hier im Stillleben schnell und ohne Ihren Willen auf hohe ISO-Werte zurückgreift.

Ein Arrangement aus einer filigranen, weißen Blumenart mit gebogenen grünen Stielen in einer durchlöcherten Vase und einem Stein, vor grünem Hintergrund.

Porträtfotografie & Fashion-Fotografie

Porträtfotografen arbeiten mit offener Blende, um Personen vor einem unscharfen Hintergrund freizustellen. Dafür sind meist keine hohen ISO-Empfindlichkeiten notwendig. Tipp: Setzen Sie, wann immer es möglich ist, auf die niedrigste ISO-Empfindlichkeit, um die bestmögliche Bildqualität zu garantieren.

Eine Person mit kurzem, blondem Haar trägt einen orangefarbenen Pullover, gelbe Hosen und lilafarbene Schuhe und hockt auf einem weißen Podest vor rotem Hintergrund.

Sport- & Actionaufnahmen

Schnelle Bewegungen lassen sich nur mit sehr kurzen Belichtungszeiten wie 1/2000 Sekunde einfrieren. Dies erfordert in der Regel eine höhere ISO-Einstellung, damit genügend Licht auf den Sensor fällt.

Eine Person in Reitkleidung und Helm springt auf einem braunen Pferd über ein blau-weißes Hindernis.

Konzerte, Veranstaltungen, Indoor-Events

Ist die Lichtstimmung vor Ort eher atmosphärisch und etwas dunkler, wird gern von “schwierigen Lichtverhältnissen” gesprochen. Hier kommen Sie meist nicht umhin die ISO hochstellen, da weder längere Belichtungszeiten noch eine größere Blende möglich sind oder helfen würden. Bei Konzerten nützt es nichts, den Blitz einzuschalten, das Kunstlicht würde die Atmosphäre zerstören. Lieber mutig die ISO-Empfindlichkeit erhöhen.

Telebrennweiten: Tier- und Wildlife-Fotografie

Bei der Arbeit mit langen Brennweiten, wie in der Tierfotografie, sind häufig kurze Belichtungszeiten nötig, um nicht zu verwackeln. Damit das Bild nicht zu dunkel wird, muss auch hier häufig auf höhere ISO-Werte gesetzt werden.

ISO-Automatik: Qualitätssicherung durch Begrenzung

Wollen Sie nicht selbst stets ein Auge auf die ISO haben, können Sie diese Aufgabe an Ihre Kamera über die ISO-Automatik abgeben. Damit diese aber nicht auf astronomische ISO-Werte zurückgreift, ist es ratsam, die Lichtempfindlichkeit der Automatik auf einen Höchstwert zu begrenzen.

Die Einstellung »Auto ISO-Bereich« finden Sie im Menü der Kamera. Hier können Sie oft auch eine Belichtungszeit angeben, die nicht unterschritten werden soll - wichtig bei Aufnahmen aus der Hand.

Hintergrundwissen: Was ist ISO eigentlich?

Die Abkürzung „ISO“ steht für „International Organization for Standardization“. Dieser Standard kombiniert seit 1974 die bis dahin gültigen ASA- und DIN-Zahlenwerte und beschreibt die Lichtempfindlichkeit von Negativ- und Diafilmen. In der Digitalfotografie wurde diese Bezeichnung für die Lichtempfindlichkeit des Sensors zwar übernommen, aber leider ist die Standardisierung verloren gegangen. Jeder Hersteller kocht sein eigenes Süppchen, die ISO-Werte der verschiedenen Kameramodelle sind sehr unterschiedlich und lassen sich demnach nicht unbedingt vergleichen. Gleich geblieben ist jedoch: Je höher die ISO, desto lichtempfindlicher der Sensor.

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Ein Marienkäfer sitzt auf den orangefarbenen Überresten eines verblühten Löwenzahns, umgeben von weißen Samenhaaren und grünem Hintergrund.

Fokus und Schärfentiefe

Wie schaffen es die Profis, dass ihre Bilder gestochen scharf aussehen? Die Vermutung liegt nahe, dass sie eine teure Kamera mit einem hochauflösenden Sensor verwenden. Das mag in vielen Fällen zutreffen, aber der Einsatz einer professionellen Kamera ist bei weitem nicht der ausschlaggebende Grund für perfekte Schärfe. Im Gegenteil: Auch mit der teuersten Technik lassen sich unscharfe Bilder produzieren.

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Nachtszene einer beleuchteten Skyline mit hohen Gebäuden, reflektierendem Licht auf einer Wasserfläche im Vordergrund und einem klaren Sternenhimmel.

Weißabgleich und Farbtemperatur

Neben den offensichtlich wichtigen Einstellungen Ihrer Kamera – Blende, Belichtungszeit und ISO – versteckt sich eine weitere, sehr ausschlaggebende Kontrollfunktion im Menü: der Weißabgleich. Dieses Werkzeug wird im fotografischen Alltag mitunter vernachlässigt, da es im Automatikmodus still und gewissenhaft seine Arbeit vollbringt.

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Eine Person steht in einem orangefarbenen Gang mit Lamellen, die Schatten werfen. Am Ende des Gangs ist ein heller blauer Himmel mit weißen Wolken zu sehen.

Die richtige Belichtung messen und einstellen

Fotografie ist „Malen mit Licht“. Dafür müssen Sie vor allem das Licht richtig einschätzen und messen, um das perfekte Bild einzufangen. Haben Sie die grundlegenden Kameratechniken des Belichtungsdreiecks (Blende, Verschlusszeit, ISO), Fokus und Schärfentiefe sowie den Weißabgleich im Griff, gibt es noch einen weiteren entscheidenden Wert, den Sie beeinflussen können: die Belichtungsmessung Ihrer Kamera. Wir zeigen Ihnen, worauf es dabei ankommt.