Die Regel der Drittel

Von WhiteWall Redaktion

Harmonie im Bild: Vom Einteilen in drei Teile

Die Drittel-Regel (engl. Rule of Thirds) gehört zu den elementaren Gestaltungsregeln für einen harmonischen Bildaufbau in der Fotografie. Hier erfahren Sie, warum das so ist, wie man sie am besten anwendet – und wann man auch mal gegen die Regel verstoßen sollte.

Klären wir erst einmal, worüber wir eigentlich reden: Um Fotos mit Hilfe der Drittel-Regel aufzunehmen, teilt man das Format – den Bildausschnitt – mit Hilfe von zwei waagerechten sowie zwei senkrechten Linien in neun gleich große Teile (siehe Bild). Die Regel besagt nun: Wenn das avisierte Hauptmotiv im rechten oder linken Drittel des Bildes platziert wird, ergibt sich dadurch für den Betrachter ein besonders harmonischer Gesamteindruck.

Bilder im richtigen Verhältnis

Warum aber ist das so? Und was heißt in diesem Zusammenhang Harmonie? Nun, Harmonie ist nicht nur ein wesentlicher Faktor bei der fotografischen Bildgestaltung während der Aufnahme, sondern auch in der Platzierung von Bilderrahmen an Wänden und gilt für die Bildkunst generell als gestalterisches Ziel.

Das Wort harmonia stammt aus dem Griechischen ebenso wie dem Lateinischen und bedeutet Einklang, richtiges Verhältnis. Durch Farben und eben auch Formen eine sichtbare Harmonie zu erreichen, ist das Ziel jeglicher Kunst – und damit auch der Fotografie.

Die Drittel-Regel beispielsweise führt deshalb zur visuellen Harmonie, weil die Proportionen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen: Rückt das Hauptmotiv – beispielsweise ein Baum oder ein Gesicht – aus der Bildmitte heraus näher rechts oder links an den Bildrand, so hinterläßt diese Anordnung auf der jeweiligen Gegenseite mehr Fläche. Durch dieses Gegengewicht – Hauptmotiv nahe am Bildrand versus größere Fläche im Bildausschnitt – bleibt die Gestaltung im Gesamtformat des Bildes stabil und damit harmonisch. Außerdem entsteht dadurch innerhalb des Bildes eine eigene Dynamik, beispielsweise wenn ein Porträt in der linken Bildhälfte in Blickrichtung der rechten Hälfte in die Weite schaut.

Fotos: Mary Ruffinoni

Aufnahme der WhiteWall-Ambassadorin MARY RUFFINONI - Aude-Jane - 2020, Paris / - Tiffany - 2019, San Francisco. Links: Das Model ist mittig platziert. Rechts: Das der Kopf des Models befindet sich auf einer Drittellinie, der Blick geht nach links.

Gewohnte Sehgewohnheiten

Ein wesentlicher Aspekt im Zusammenhang mit der Drittel-Regel im Besonderen und der Gestaltung eines Bildes im Allgemeinen ist unsere gewohnte Seh- und Leserichtung: von links nach rechts, von oben nach unten. Das bedeutet, dass unsere Augen mit der Betrachtung eines Fotos in der Regel oben links beginnen und von dort ausgehend nach visuellen Haltepunkten (Formen und Farben) suchen, das Bild abtasten und am Ende rechts unten aus dem Bild “hinausgehen”.

Das bedeutet, wie eben bereits beschrieben, dass ein Porträt auf der linken Bildseite nach rechts ins Bild hinein schauen sollte, damit das Gesamte als harmonisch (und unserer Leserichtung gemäß) empfunden wird. Schaut ein Porträt auf der linken Seite nach links, dann hat die große Fläche auf der rechten Bildseite keinen Bezug mehr, das harmonische Gleichgewicht ist gestört, das Ergebnis disharmonisch. Diese Zusammenhänge gelten übrigens auch im Hochformat, beispielsweise für die Anordnung des Horizontes auf der Linie des unteren Bilddrittels, sowie selbstverständlich auch für quadratische Bilder.

Gegengewicht schaffen

Die größere Fläche im Bild als Gegengewicht zum Hauptmotiv auf der anderen Bildseite ist die einfachste Variante einer harmonischen Bildkomposition. Aber natürlich nicht die einzige: Man kann dem Hauptmotiv, das ja wie besprochen aus der Mitte heraus im linken oder rechten Bilddrittel positioniert ist, einen Kontrapunkt in dem jeweils anderen Bilddrittel entgegensetzen mit ungefähr gleichem Abstand zum Bildrand. Dieser Kontrapunkt kann eine kontrastierende Signalfarbe haben oder sich inhaltlich auf das Hauptmotiv beziehen. Beispiel für ersteres: Eine große gelbe Blume im rechten Bilddrittel und ein blauer Schmetterling (Komplementärfarbe zu gelb) halten sich im Gleichgewicht, erzeugen aber dennoch Spannung im Bild.

Beispiel für zweiteres: Das bereits mehrfach zitierte Porträt auf der linken Bildseite schaut auf einen konkreten Gegenstand oder auf einen anderen Menschen. Die Blickrichtung geht dann nicht in die Weite, sondern wird auf ein konkretes zweites Motiv gelenkt. Wenn die Blickrichtung dann auch noch diagonal verläuft, dann wird die Dynamik im Bild nochmals gesteigert.

So setzen Sie die Drittel-Regel kreativ um

Wie gehe ich für die Anwendung der Dritte-Regel in der Fotografie konkret vor? Indem ich mit einer weiteren Regel starte: Die Komposition muss schon bei der Aufnahme, also bei der Gestaltung im Sucher, beginnen – und nicht nur auf eine mögliche Beschneidung und Nachbearbeitung vertrauen. Das heißt: Wenn meine Kamera die Möglichkeit bietet, ein Gitterraster im Sucher einzublenden, sollte ich das im Kameramenü auch so einstellen. Damit fällt es wesentlich leichter, das Hauptmotiv und die anderen Bildelemente im Sucherausschnitt entsprechend der Drittel-Regel zu positionieren.

Was will ich besonders betonen? Soll das Hauptmotiv in die linke oder die rechte Seite gestellt werden? Wie groß bilde ich es ab im Formatrahmen (Zoomen?) Was ist auf der restlichen Sucherfläche zu sehen und wie passt das zu dem Hauptmotiv? Welche Beziehung haben die einzelnen Bildelemente zueinander? Muss ich möglicherweise den Bildausschnitt, also das Seitenverhältnis (2:3, 3:4, 16:9 usw.) ändern, um ein harmonisches Bild des gewünschten Motivs zu erhalten? Wirkt das Ganze besser im Hoch- oder im Querformat? oder quadratisch? Ist es formal spannender, einzelne Motive anzuschneiden? Wie kann ich die anderen fotografischen Gestaltungsfaktoren wie beispielsweise die Schärfentiefe einsetzen, um einzelne Bildteile besonders hervorzuheben oder abzuschwächen?

Die Beantwortung dieser und vieler weiterer Fragen zur Gestaltung eines Bildes kann man mit einem Wort zusammenfassen: Komposition. Wie ein Musikstück aus einzelnen Noten, so fügen wir auf der Bildfläche im Sucher die für ein harmonisches Bild relevanten Teile zu einem visuell starken Ganzen zusammen. Im Idealfall ist kein Bildelement zu viel und keines zu wenig zu sehen. Dieses bewusste Gestalten im Sucher der Kamera macht nicht nur ungemein viel Spaß, sondern es führt umgehend zu besseren, harmonischeren Kompositionen und damit wirklich guten Bildern. Bilder, die sich im Anschluss wunderbar für die Präsentation an einer Wand im eigenen Zuhause eignen. Zudem stehen Ihnen dabei weitere Möglichkeiten durch die Wahl unterschiedlicher Materialien wie Alu-Dibond oder handgefertigte Rahmen und individuelle Passepartouts, bei WhiteWall zu Verfügung.

Regen kennen, Regeln brechen

Besonders interessante Fotos entstehen vor allem auch dann, wenn die Regeln bewusst gebrochen werden. Das gilt auch für die Dritte-Regel. So kann man das Hauptmotiv mal in eine der Bildecken stellen, Formen entgegen der gewohnten Leserichtung positionieren oder auch einen stringent symmetrischen Bildaufbau im Sucher gestalten. Je mehr und je besser man die gültigen Regeln zur Bildgestaltung kennt, desto erfolgreicher und überzeugender werden die Brüche mit diesen Gesetzmäßigkeiten. Das ist ein praktisch unendliches Experimentierfeld, das immer wieder neue Facetten der eigenen Bildsprache hervorbringt und die Entwicklung jedes Fotografen weiter bringt.

Fazit

Mit der Drittel-Regel lassen sich in erster Linie harmonische und ausgeglichene Aufnahmen elegant komponieren. Durch das Wissen schaffen Sie sichtbare und unsichtbare Verbindungen in Ihrem Bild und erzeugen Spannung und Aufmerksamkeit bei den Betrachtenden. Doch Sie müssen die klassische Kompositionsregeln nicht durchgehend anwenden. Im Gegenteil: Nutzen Sie sie, um sie im richtigen Moment gekonnt zu brechen. Für einzigartige Aufnahmen, die begeistern und mitreißen.

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