Fotografiska | Emerging Berlin
Das Talentprogramm für aufstrebende Künstler*innen
Emerging Berlin ist das Programm, mit dem wir fotografische Perspektiven aus Berlin erforschen, unterstützen und präsentieren. Aus den Einsendungen eines Open-Calls ausgewählt, wird das Programm jährlich sechs Künstler*innen in der Graffiti Hall, 3. Stock, von Fotografiska Berlin ausstellen. Diese ist ein historisch wichtiger und bedeutender Raum für Berlins Künstlerszene. Die ausgewählten Künstler*innen zeigen ihre Werke in einer Einzelausstellung, bekommen Mentor*innen zur Seite gestellt, werden bei der Pressearbeit unterstützt und können sich mit Expert*innen aus dem Bereich Fotografie austauschen. Das Programm wird unter anderem Workshops und Portfolio-Reviews beinhalten, die öffentlich sind, um weitere lokale Talente zu unterstützen.
WhiteWall ist Partner des Programms.
Benita Suchodrev | Le bal infernal, 2008-2024
11. Oktober 2024 bis 26. Januar 2025
Im Labyrinth der Berliner Clubkultur verschwinden Zuschreibungen und Einschränkungen. Seit mehr als 30 Jahren ist diese Stadt ein Zufluchtsort für alle, die nach Freiheit suchen und sich neu erfinden möchten. Die Clubszene ist mehr als nur eine Möglichkeit zur Flucht. Sie ist ein Tor in eine andere Realität, in der Sie sich nach Ihren eigenen Vorstellungen neu definieren können. Egal, ob Sie tanzen, sich mit anderen verbunden fühlen oder einfach nur sein möchten, Sie finden eine Gemeinschaft, die Ihre Persönlichkeit willkommen heißt. Hier ist die Tanzfläche ein Refugium voller Möglichkeiten. Ein Ort, an dem Freiheit nicht nur eine Idee ist, sondern etwas, das Sie fühlen können.
Als Benita Suchodrev im Jahr 2008 nach Berlin gezogen ist, wurde sie direkt vom pulsierenden Nachtleben der Stadt und der großen Vielfalt der sozialen Gruppen in dieser Szene angezogen. Sie begann, die einzigartige Energie des Berliner Nachtlebens zu dokumentieren.
„Mein Leben in Berlin ist untrennbar mit dieser Arbeit verbunden. Ich entdeckte die Stadt, als ich diese Fotos machte“, sagt Suchodrev. Ihre Langzeitstudie hat sich mit der Zeit weiterentwickelt und fängt das ein, was diese schlaflose Stadt ausmacht. Am 10. Oktober 2024 wird die Ausstellung Le bal infernal im Fotografiska Berlin eröffnet, die sowohl Arbeiten aus Suchodrevs Archiv als auch neue Werke zeigt, die zum ersten Mal zu sehen sind.
Suchodrev fotografiert intuitiv, oft auf Hüfthöhe, um den natürlichen Fluss der Ereignisse nicht durch eine zu gezielte Ausrichtung der Kamera zu stören. In Situationen, in denen sie die Zustimmung der Personen braucht, die sie fotografieren möchte, setzt sie auf persönliche Annäherung, um das nötige Vertrauen zu gewinnen.
„Um eine Party wirklich zu genießen, brauche ich meine Kamera. Ich komme in einen Rausch, wenn ich Menschen fotografiere, die authentisch sind und Spaß haben“, erklärt sie. Für Suchodrev hat jedes Motiv eine Geschichte und ihre Fotos reflektieren die Hintergründe hinter jedem flüchtigen Ausdruck oder Blick. Jedes Bild bietet die Chance, sich die unerzählten Geschichten hinter diesen Gesichtern vorzustellen.
„Wie ein Traum hat das Ganze etwas Verrücktes und Magisches an sich: das neurotische Blinken der Neonlichter, die Auflösung des Selbst in Trance zu einem düsteren Beat oder dem persönlichen Glück mit einer fremden Person auf einer schäbigen Couch in einem verrauchten Raum näherkommen. Hinter der Fassade der Party sprechen diese Momente einen tieferen Teil der menschlichen Existenz an: das endlose Verlangen, körperlich und geistig komplett frei zu sein.“ – Benita Suchodrev
Das Berliner Nachtleben mit seiner sich ständig weiterentwickelnden jedoch auch bedrohten Clubkultur spiegelt die konstante Transformation der Stadt wider. Sie entsteht in den Zwischenräumen – an Orten, die Freiheit bieten, indem sie eine Möglichkeit zur Flucht vor der etablierten Ordnung bieten, die außerhalb der Club-Mauern herrscht. Egal ob man sich hinter einer Maske versteckt oder die gesamte Fassade ablegt, soziale Barrieren abbaut oder sich dem Hedonismus hingibt, Suchodrevs Langzeitstudie Le bal infernal fängt die flüchtigen Momente und einzigartigen Charaktere ein, die die Seele von Berlin ausmachen. Ihre Bilder erinnern uns daran, wie wichtig es ist, diese Orte der Freiheit und des Selbstausdrucks zu erhalten. Sie erlauben uns, die Welt da draußen kurzzeitig zu verlassen und stärker wieder zurückzukehren.
„Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen, um diese Arbeiten zu zeigen als Fotografiska“, sagt Suchodrev, „weil es für Berlins Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft steht.“
Über Benita Suchodrev
Benita Suchodrev wurde in der ehemaligen UdSSR geboren und immigrierte in die USA, wo sie Kunstgeschichte studierte. Nach einem Master in Englischer Literatur zog sie 2008 nach Berlin und dokumentiert seitdem die dortige Kunstszene. Bekannt wurde sie durch die Fotoserie 48 Hours Blackpool. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Büchern veröffentlicht und in internationalen Ausstellungen gezeigt. Sie ist Mitglied der Fotoagentur FOCUS und lebt in Berlin.
Lukas Städler | Hain
23. August bis 9. Oktober 2024
Welche Bilder kommen dir in den Sinn, wenn du an Cruising denkst; das anonyme, einvernehmliche sexuelle Aufeinandertreffen meist schwuler Männer im öffentlichen Raum? Der Fotograf Lukas Städler war von dieser Szene fasziniert und gleichzeitig verwirrte sie ihn. Er musste sie einfach auf sehr persönliche Weise entdecken. Seine Serie Hain stellt die gängigen Vorstellungen von Cruising infrage, indem sie romantische Momente mit nackten, männlichen Personen vor idyllischen Naturumgebungen einfängt. Mit seinem Blick durch die Kamera durchbricht Städler Stereotype und bietet eine neue Perspektive.
„Vor zwei Jahren fing ich damit an, Crusing Spots in Berlin zu porträtieren. Orte, an denen sich schwule Männer für kurze Zeit treffen, um anonymen, einvernehmlichen Sex zu haben. Diese Plätze in den Wäldern der Stadt oder in öffentlichen Parks, wie Tiergarten oder Hasenheide, sind oft nur wenige Meter von den Wegen entfernt. Meine Absicht war es, eine romantische Vorstellung dieser Situationen zu vermitteln, die mich zunächst verwirrt haben. Ich habe festgestellt, dass diese Arbeit für mich eine Art Selbstporträt ist, das es mir erlaubt, persönliche Fragen in Bezug auf das Lieben und Altern zu reflektieren.” – Lukas Städler
Städlers fortlaufendes Projekt begann mit häufigen Besuchen dieser Orte. Es hat über ein Jahr gedauert, bis er sein erstes Foto aufnahm. In dieser Zeit traf er Personen aus verschiedenen Altersgruppen und mit diversen sozialen Hintergründen. Erst nachdem er das Vertrauen seiner Protagonisten gewonnen hatte, durfte er diese intimen Momente einfangen und teilen. Mit Hain bietet Städler einen Einblick in das verborgene Berlin – einen Teil des Stadtbilds, der oft nicht sichtbar ist.
Crusing begann zu einer Zeit, in der sich homosexuelle Menschen nicht outen konnten und es keine öffentlichen Plätze gab, an denen sie ihre Sexualität ausleben konnten. Parks und andere urbane Räume wie der Berliner Tiergarten wurden so zu Orten für private Treffen. Heutzutage hat sich die Cruising-Szene durch Dating-Apps weiterentwickelt. Trotzdem bleiben diese physischen Orte ein Teil der Stadt. Vor diesem Hintergrund ist Städlers Fotografie ein Medium, um queere Identität auszudrücken. Der Begriff Hain erinnert an ein kleines, friedliches Wäldchen oder Gehölz, das für einen besonderen oder heiligen Ort steht.
Über Lukas Städler
Lukas Städler (geboren 1992, Buchholz in der Nordheide) ist ein deutscher Fotograf. Nachdem er Modedesign an der Hochschule für Technik & Wirtschaft Berlin, Bildende Kunst an der Universität der Künste und Fotografie an der Ostkreuzschule für Fotografie Berlin studiert hat, lebt und arbeitet er derzeit in Berlin. Seine letzte Ausstellung Ouvertüre war 2024 in der Galerie Dittrich & Schlechtriem zu sehen, die ihn derzeit auch vertritt.
Lukas Städler, © Joseph Kadow
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Mit einer anspruchsvollen Auswahl und einem spannenden Programm hat sich Circulation(s), das von dem Kollektiv Fetart organisiert wird, als eines der wichtigsten Ereignisse der europäischen Fotografie-Szene etabliert. Circulation(s) vereint Ausstellungen, Workshops, Portfolio-Lesungen und Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstler an einem einzigen, angesagten Ort im Herzen von Paris und bietet ein abwechslungsreiches, innovatives und qualitativ hochwertiges Programm, das sich an alle Fotografiebegeisterten und darüber hinaus richtet.