Interview mit Delphine Diallo in Arles

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"Golden Age" - Delphine Diallo

Ein Teil der Fotos in der Ausstellung wurde auf Fuji Crystal DP II-Papier abgezogen und dann auf Alu-Dibond kaschiert - und anschließend mit einem schwarzem Schattenfugen-Rahmen eingerahmt.

Golden Age by Delphine Diallo

Die Serie mit den afrikanischen Masken wurde auf Fotopapier gedruckt, auf Alu-Dibond kaschiert und in eine Artbox gerahmt - einen massiven Holzrahmen, der sich vor allem durch seine Tiefe auszeichnet.

Delphine Diallo, Fotografin & Visual Artist

Delphine Diallo ist eine in Brooklyn lebende französische und senegalesische bildende Künstlerin und Fotografin.  Diallo verbindet Kunst mit Aktivismus und setzt sich für die vielen Möglichkeiten ein, Frauen, Jugendliche und kulturelle Minderheiten durch visuelle Provokation zu stärken. Diallo arbeitet mit analoger und digitaler Fotografie sowie mit Collagen und erforscht immer wieder neue Medien. Sie arbeitet daran, neue Dimensionen und einen Ort zu schaffen, an dem Bewusstsein und Kunst eine universelle Sprache sind, indem sie Künstler miteinander verbindet, Ideen austauscht und lernt. Wir hatten die Gelegenheit, die Ausstellung von Delphine Diallo in Arles in der Fisheye Gallery zu produzieren und uns mit der Künstlerin auszutauschen, vor allem über die Ausstellung, aber auch ganz allgemein über ihre Arbeit.

"Zu gesellschaftlichen Themen Stellung zu beziehen, das ist für mich das Interesse und die Bedeutung meiner Arbeit."

Delphine, wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Ich habe zunächst eine Ausbildung zur Grafikerin gemacht. Ich habe als Art-Direktorin gearbeitet, etwa in einer Produktionsfirma für Spezialeffekte, aber auch in der Musikproduktion und im Rahmen verschiedener Werbespot-Formate. Das hat meine Sicht auf die visuelle Welt geweitet und ich habe auch gelernt, was Blicke auf sich zieht.

Ihre Arbeit lässt sich als Aktivismus mit den Mitteln der Fotografie bezeichnen. Wann bzw. wie haben Sie zum ersten Mal erlebt, was Ihre Arbeit bewirkt?

Zu gesellschaftlichen Themen Stellung zu beziehen − darum geht es mir bei meiner Arbeit, das ist mir wichtig. Ohne diese Mission, oder besser diese Ausrichtung, könnte ich meine Arbeit nicht tun.

Hinter meiner Arbeit steht die Idee, mehr Varianz in die weibliche Präsenz und die Sicht auf die Frau zu bringen, sie nicht auf die Rolle des Objekts zu verengen, wie in der Fotografiebranche bis heute üblich. In diesem Sinne definiere ich mich als Aktivistin. In Arles stelle ich bereits eine Wirkung meiner Arbeit in der Öffentlichkeit fest. Viele Frauen kommen auf mich zu und nehmen sich Zeit für einen Austausch. Meine Arbeit regt das Gespräch zwischen Frauen und die gesellschaftliche Debatte an, damit Frauen anders präsentiert werden. Das ist sehr positiv.

„Ich nehme keine Fotos [auf] − ich gebe Fotos“. Dieser wunderbare Satz stammt von Ihnen. Wie viel Zeit wenden Sie für eine Porträtaufnahme auf? Haben Sie Routinen, damit sich Ihre Modelle gut aufgehoben fühlen?  

Bei meinen Porträts gehe ich wie folgt vor: Alles passiert bei mir, in meinem Studio. Ich lade eine Frau zu mir ein, ich biete ihr einen Tee an, es gibt Obst und Blumen. Das schafft eine gewisse Energie, ein Umfeld, das entspannt. Sobald die Frau sich wohlfühlt, lasse ich sie von sich erzählen und gebe ihr dabei vor allem Raum, sich auszudrücken. Wir verbringen mehr Zeit im Gespräch als mit dem Fotografieren. Das ist meine Methode. Das Foto ist das Endprodukt eines Moments, den ich mit einer Frau verbracht habe, die etwas ausstrahlt. Am Ende unseres Gesprächs frage ich sie, ob sie bereit und willens ist, von mir fotografiert zu werden. Damit gebe ich ihr die Strahlkraft zurück, die sie mir anvertraut hat.

Sie fotografieren noch mit echtem Film, richtig? Warum? Ist der Ansatz ein anderer und/oder was dabei herauskommt?

Ich bin lange „Fan“ der Analogfotografie geblieben, wegen der Qualität der Ergebnisse und der einzigartigen Empfindungen, die damit verknüpft waren. Mir lag an Kontrolle und Mäßigung in einer digitalen Welt, die mir manchmal zu bunt, zu knallig, zu komplex erscheint. Aus diesem Grund blieb ich lange bei der Schwarzweißfotografie. Am Ende habe ich meine eigenen Techniken gefunden, um auch im Digitalen diese Empfindungen zu wecken. Inzwischen nutze ich alle neuen und alten Mittel, die mir zur Verfügung stehen, sowohl analoge als auch digitale, die Fotografie und die Collage.

Haben die Artefakte, die in der Ausstellung „Golden Age“ inszeniert sind, womöglich Einfluss auf Ihre Umsetzung der Frauen-Porträts gehabt und inwiefern?

Ich bin in meiner Arbeit sehr frei. Die Geschichte der Maske hindert mich nicht daran zu spielen. Das Spiel besteht darin, mir die Maske auf andere Art zu eigen zu machen. Dazu muss ich gar nicht unbedingt wissen, wie sie zuvor verwendet wurde. Ich lasse Raum und Spiel für eine Neuinterpretation.

Die Objekte stehen für einen Übergangsritus, speziell von der Jugend ins Erwachsenenalter, nicht wahr? Welche Verbindung knüpfen Sie zwischen diesem Übergang und der Geschichte der Frauen?

In der afrikanischen Tradition spielen Übergangsriten eine sehr wichtige Rolle. Das beginnt schon bei der Geburt, wenn das Kind auf unsere physische Welt kommt. In der Regel rasiert man das Köpfchen, badet das Baby und hängt ihm Amulette um, damit es geschützt ist. In der Jugend werden Mädchen und Jungen an der Schwelle zum Erwachsenenalter darauf vorbereitet, Verantwortung zu übernehmen. An jedem Übergang wartet eine neue Verantwortung. Das sind Traditionen, die in unserer westlichen Gesellschaft verloren gegangen sind. Der Übergangsritus symbolisiert den Übergang in einen anderen Zustand der Erkenntnis und des Bewusstseins. In meiner Arbeit gehe ich den Weg über die Waffe: Es ist der Übergangsritus zur archetypischen Kriegerin, die in mir wohnt. Das heißt, es ist eine Kraft, die ich auf eine bestimmte Weise zum Ausdruck bringe, die dem entspricht, wer ich bin, die mir als Frau entspricht, und nicht mir als Jugendlicher. Ich übernehme heute die Verantwortung, Frau zu sein, aber genauso für meine Geschichte und dafür, die Geschichte meiner Vorfahren weiterzutragen. Der Übergangsritus impliziert eine Verantwortung sowohl gegenüber der Vergangenheit als auch der Gegenwart − damit die Menschheit Kurs auf eine für alle positive Zukunft nimmt. Meine Aufgabe als Frau und Kriegerin besteht darin, mit visuellen Mitteln die Geschichte der afrikanischen Frau oder der Frau mit afrikanischen Wurzeln zu erzählen. Dafür − so empfinde ich es − bin ich auf dieser Welt. Der Übergangsritus sorgt dafür, dass wir akzeptieren, wer wir sind. 

Salomé d'Ornano, Leiterin der Fisheye Gallery

Salomé d'Ornano leitet die Fisheye Gallery in Arles und in Paris. Die Kunst- und Fotografie-Expertin spricht mit uns über ihre Erfahrung, darüber, was Les Rencontres in Arles für die internationale Fotografieszene bedeutet, und erklärt, warum sie im Rahmen des diesjährigen Festivals die Arbeiten von Delphine Diallo ausstellt. Salomé d'Ornano lebt in Paris und besucht regelmäßig Fotografie-Events der internationalen Kunstszene. Sie verrät uns, welche Künstler und Ausstellungen sie dieses Jahr bisher besonders begeistert haben.

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Portrait of Salomé d'Ornano.

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