Brennweite und Perspektive

Von WhiteWall Redaktion

Farbig beleuchtete Nahaufnahme eines Kameraobjektivs, in dem sich mehrere Lichtreflexionen spiegeln.

Alles über Brennweiten – und wie du sie gezielt einsetzt

Zu einer hochwertigen Fotoausrüstung gehört nicht nur eine Kamera mit einem leistungsfähigen Sensor, sondern auch ein gut abgestimmtes Sortiment an Objektiven. Die Auswahl reicht vom Weitwinkel bis zum Teleobjektiv, vom Reisezoom über Festbrennweiten bis hin zu Spezialisten wie Makro- oder Tilt-Shift-Objektiven. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Brennweite, die in Millimetern (mm) angegeben wird. Je länger sie ist, desto näher kannst du dein Motiv „heranholen“ und es größer abbilden. Je kürzer die Brennweite, desto mehr Umgebung wird im Bild eingefangen.

Tier- und Sportfotografen verwenden oft ein Teleobjektiv von 200 mm oder mehr, um scheue oder gefährliche Tiere oder actionreiche Szenen aus großer Entfernung zu fotografieren. Landschaftsfotografen bevorzugen dagegen Weitwinkelobjektive unter 24 mm, um weite Panoramen einzufangen. Eine Brennweite von 50 mm gilt als „Normalbrennweite“, da sie der Sichtweise des menschlichen Auges am nächsten kommt. Und Porträtfotografen bevorzugen Brennweiten zwischen 85 und 105 mm, weil sie Gesichter kaum verzerren.

Der Einfluss des Bildsensors auf die Brennweite

Die Größe des Bildsensors deiner Kamera wirkt sich direkt auf die benötigten Objektive aus. Deshalb möchten wir dir an dieser Stelle die Unterschiede aufzeigen und erklären, was es mit dem sogenannten “Crop-Faktor" auf sich hat.

Ein Vollformatsensor hat die gleiche Größe wie das Bild eines analogen Kleinbildfilms, nämlich 36 x 24 mm. Der Begriff “Vollformat” wurde zu Beginn der Digitalfotografie geprägt und führt vor allem bei Einsteigern in die Fotografie gelegentlich zu Verwirrung, da manchmal vom Vollformat und manchmal vom Kleinbildformat die Rede ist. Dabei ist das Größenverhältnis identisch. Beide Begriffe beziehen sich auf Sensoren mit einer Fläche von 36 x 24 mm. Im Vergleich dazu sind APS-C-Sensoren mit rund 23,5 x 15,7 mm und Sensoren des Micro Four Thirds (MFT) Systems mit 17,3 x 13 mm deutlich kleiner.

Um die rechteckigen Sensoren bis in die Ecken vollständig belichten zu können, müssen die runden Linsen eines Objektivs einen entsprechend großen so genannten Bildkreis abdecken. Der Bildkreis eines Vollformat- oder Kleinbildsensors ist daher größer als der eines im Vergleich kleineren APS-C- oder MFT-Sensors. Dies hat zur Folge, dass Vollformatobjektive in der Regel einen größeren Durchmesser haben als Objektive, die speziell für die kleineren Sensorformate entwickelt wurden. Grundsätzlich können Vollformatobjektive auch an APS-C-Kameras der jeweiligen Hersteller verwendet werden, da die Bajonette beider Kameraklassen die gleichen Abmessungen haben. Da der Bildkreis eines Vollformatobjektivs jedoch deutlich größer ist als der des APS-C-Sensors, sind die Randbereiche, die man bei einem Vollformatbild sehen würde, bei der Aufnahme mit einer APS-C-Kamera nicht mehr sichtbar - es sieht aus, als hätte man das ursprüngliche Vollformatbild kleiner zugeschnitten.

Was ist der Grund dafür? Der kleinere Bildkreis bei APS-C-Sensoren führt zu einem so genannten "Crop-Faktor", der die effektive Brennweite des Objektivs verlängert bzw. den Bildwinkel verkleinert. Ein Beispiel: Ein 50 mm Objektiv an einer spiegellosen Vollformatkamera hat einen Bildwinkel von ca. 47 Grad, während die gleiche Brennweite an einer APS-C Kamera aufgrund des Crop-Faktors einen kleineren Bildwinkel von ca. 31 Grad und damit einen kleineren Bildausschnitt liefert. Bei APS-C-Kameras beträgt der Crop-Faktor in der Regel etwa 1,5x (bei Canon 1,6x). Beim MFT-System kommt es zu einem 2-fachen Crop-Faktor.

Was bedeutet das für die Brennweite? Bleiben wir beim Beispiel des 50mm-Vollformatobjektivs an einer APS-C-Kamera. Durch den Crop-Faktor von 1,5x ergibt sich an der APS-C-Kamera der bereits erwähnte kleinere Bildwinkel, der dem eines 75-mm-Objektivs an einer Vollformatkamera entspricht. Die Hersteller geben diese Brennweitenverlängerung oft mit der Angabe „umgerechnet auf Kleinbild“ im Datenblatt des Objektivs an. Die Berechnung ist einfach, da die ursprüngliche Brennweite einfach mit dem Crop-Faktor multipliziert wird.

Diese Information in den Datenblättern der Hersteller ist vor allem dann interessant, wenn man als APS-C-Fotograf z.B. ein Objektiv sucht, das für Reportagen oder die Street-Fotografie den Look eines 35-mm-Vollformatobjektivs erzeugt. Setzt man nun ein 35-mm-Vollformatobjektiv auf die APS-C-Kamera, verlängert sich die Brennweite aufgrund des kleineren Sensors bei einem Crop-Faktor von 1,5x auf 50 mm. Dadurch wird der Bildausschnitt kleiner als gewünscht. Um den gewünschten 35-mm-Look zu erhalten, muss die Brennweite also zunächst durch den Crop-Faktor geteilt werden. Bei einem Faktor von 1,5 benötigt man also ein Vollformatobjektiv mit einer Brennweite von 23,33 mm, um mit einer APS-C-Kamera den gewünschten 35-mm-Vollformat-Look zu erzielen. Da es keine Objektive mit einer Brennweite von 23,33 mm gibt, würde man in dem Fall auf ein 24-mm-Vollformatobjektiv zurückgreifen.

Die Brennweitenverlängerung bei kleineren Sensorformaten hat Vor- und Nachteile. Durch die Verlängerung im Telebereich empfehlen sich Kameras mit APS-C- und MFT-Sensoren vor allem für die Tierfotografie. Durch den Crop-Faktor erreicht man beispielsweise mit einer 300-mm-Vollformatbrennweite an einer APS-C-Kamera den gleichen Bildausschnitt, für den man an einer Vollformatkamera ein langes 450-mm-Tele bräuchte - und das ohne den Einsatz eines Telekonverters. Nachteile ergeben sich dagegen für die Landschafts- und Architekturfotografie. Durch die Brennweitenverlängerung wird aus einem 24-mm-Vollformatobjektiv an der APS-C-Kamera eine auf das Kleinbildformat umgerechnete 35-mm-Brennweite. Dabei geht ein Teil des großen Bildwinkels verloren.

Was bei APS-C- und MFT-Objektiven zu beachten ist

Bei Objektiven, die speziell für APS-C- und MFT-Kameras entwickelt wurden, sind die auf der Objektivfassung eingravierten Brennweitenangaben nicht eins zu eins mit den Brennweitenangaben von Vollformatobjektiven vergleichbar. Die Hersteller geben hier die Brennweiten vor der Umrechnung mit dem Verlängerungsfaktor an. Ein speziell für APS-C-Kameras entwickeltes Objektiv mit einer Brennweitenangabe von z.B. 16-55 mm liefert also nicht den gleichen Bildwinkel wie ein Vollformat-Zoom mit dieser Brennweite. Die Angaben für APS-C- und MFT-Objektive müssen zum Vergleich immer mit dem entsprechenden Crop-Faktor multipliziert werden. So liefert ein APS-C-Objektiv, auf dem ein Brennweitenbereich von 16-55 mm eingraviert ist, einen Bildwinkel, der bei einem Crop-Faktor von 1,5x umgerechnet 24-82,5 mm im Vollformat bzw. Kleinbildformat entspricht. Ein MFT-Objektiv mit einer vom Hersteller angegebenen Brennweite von 12–100 mm liefert durch den 2-fachen Crop-Faktor eine auf das Kleinbildformat umgerechnete Brennweite von 24–200 mm.

Daran erkennst du APS-C-Objektive

Für APS-C-Kameras bringen Hersteller, die auch Vollformatkameras im Portfolio haben, eigene Objektive auf den Markt, die speziell für den kleineren Bildkreis entwickelt wurden und entsprechend kompakter, leichter und preiswerter sind. Bei Canon tragen sie die Bezeichnung „EF-S“ für digitale Spiegelreflexkameras und "RF-S" im spiegellosen R-System. Bei Nikon werden APS-C-Objektive sowohl für DSLRs als auch für spiegellose Systemkameras (DSLMs) mit dem Kürzel „DX“ gekennzeichnet. Beim spiegellosen E-System von Sony beginnen APS-C-Objektive mit dem Buchstaben "E", während Vollformat-Objektive mit "FE" gekennzeichnet sind. Sigma unterscheidet zwischen “DC”-Objektiven für APS-C-Kameras und “DG”-Objektiven für das Vollformat. Und bei Tamron erkennt man APS-C-Objektive am Kürzel “Di II” für DSLRs und “Di III-A” für spiegellose Kameras.

Lassen sich APS-C-Objektive an Vollformatkameras verwenden?

APS-C-Objektive können grundsätzlich auch an den Vollformatkameras der jeweiligen Hersteller verwendet werden, da die Bajonette beider Kameratypen die gleichen Abmessungen haben. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn man von einer APS-C-Kamera auf ein Vollformat-Modell umsteigt und erstmal aus Kostengründen mit den vorhandenen APS-C-Objektiven weiter fotografieren möchte. Eine Ausnahme bilden die APS-C-Objektive für digitale Spiegelreflexkameras von Canon, die mit dem Kürzel “EF-S” gekennzeichnet sind. Diese können nicht an Vollformat-DSLRs von Canon verwendet werden. Mit dem spiegellosen R-System hebt Canon diese Einschränkung auf, so dass die speziell für EOS R-DSLMs mit APS-C-Sensor entwickelten “RF-S”-Objektive auch an Vollformatkameras des R-Systems verwendet werden können.

Da APS-C-Objektive für einen kleineren Bildkreis ausgelegt sind, wird beim Einsatz an einer Vollformatkamera die Sensorfläche nicht vollständig belichtet. Die Folge sind dunkle Ecken im Bild. Um das zu vermeiden, haben Canon, Nikon und Sony ihre spiegellosen Vollformatkameras mit der Möglichkeit ausgestattet, zwischen Vollformat und APS-C-Format umzuschalten - und das sogar automatisch. Wird also ein APS-C-Objektiv an eine spiegellose Vollformat-Systemkamera angesetzt, nutzt diese automatisch eine kleinere Fläche in der Mitte des Sensors, die der eines APS-C-Sensors entspricht. Durch den Beschnitt sind keine schwarzen Ecken mehr zu sehen. Außerdem entsteht der bereits erwähnte Crop-Faktor.

Durch die Möglichkeit, auch manuell zwischen der großen Fläche des Vollformatsensors und einem Ausschnitt im APS-C-Format zu wechseln, ergeben sich weitere interessante Vorteile. Zum Beispiel, wenn die Brennweite des Vollformatobjektivs mal nicht ausreichen sollte, weil man vielleicht wegen eines Hindernisses nicht näher an das Motiv herangehen kann. Dann lässt sich die Brennweite durch manuelles Umschalten auf die kleinere APS-C-Sensorfläche mittels Crop-Faktor verlängern. Kleiner Nachteil: Wird nur die kleinere Fläche des Vollformatsensors verwendet, steht auch nur eine reduzierte Sensorauflösung zur Verfügung.

Brennweitenverlängerung durch Telekonverter

Wer die Brennweite seines Objektivs an einer Vollformatkamera verlängern möchte, ohne auf das kleinere APS-C-Format zu wechseln und damit Auflösungsverluste in Kauf nehmen zu müssen, kann spezielle Konverter zwischen Kamera und Objektiv schalten. Die Hersteller bieten in der Regel zwei Konverter mit den Verlängerungsfaktoren 1,4x und 2,0x an. Mit der 2-fachen Verlängerung erreicht man z.B. mit einer Vollformat-Brennweite von 200 mm an einer Vollformatkamera einen Bildwinkel, der dem eines 400-mm-Objektivs entspricht - und das bei voller Sensorauflösung. Einen Nachteil gibt es allerdings. Durch die Verlängerung mittels Konverter geht Licht auf dem Weg zum Sensor verloren. Bei einem 1,4x-Konverter verliert man 1,4 Blendenstufen. Bei einem 2,0x-Konverter sind es zwei Blendenstufen. Das bedeutet in der Praxis: Setzt man den 2,0x-Konverter z.B. in Kombination mit einem 70-200 mm Telezoom mit konstanter Lichtstärke F2,8 ein, kann man die Brennweite im Telebereich zwar von 200 mm auf 400 mm verlängern - durch den Verlust von zwei Blendenstufen lässt sich die Blende dann aber nicht mehr auf f/2,8, sondern nur noch bis maximal f/5,6 öffnen.

Fazit: Die richtige Brennweite für den perfekten Moment

Die Wahl der richtigen Brennweite hängt von den Motiven ab, die du hauptsächlich fotografierst, und von dem Look, den du mit dem Bild erzielen möchtest. Weitwinkelobjektive mit kurzer Brennweite sind ideal für Landschafts- und Architekturaufnahmen, während Teleobjektive für die Porträt-, Sport- und Tierfotografie bevorzugt werden. Da die Sensorgröße der Kamera und der daraus resultierende Crop-Faktor einen großen Einfluss auf die Brennweite haben, kann es für die Tier-, Sport- und Reisefotografie durchaus sinnvoll sein, auf eine APS-C- oder MFT-Kamera zurückzugreifen. Der Verlängerungsfaktor von 1,5x bis 2x ermöglicht es, auch weit entfernte Motive zu fotografieren, ohne von vornherein auf längere Brennweiten in oft größeren und schwereren Objektiven zurückgreifen zu müssen. In der Landschafts- und Architekturfotografie fährst du dagegen mit Vollformatkameras besser. Hier “klaut” dir sonst der Crop-Faktor wichtige Brennweite.

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